Freitag, 30. März 2012

perspektiven

Es ist zwei Tage her, da lag ich morgens entspannt auf der Rückbank des Kollegen (ja, die Fahrgemeinschaft besteht doch weiter, angesichts der stetig steigenden Preise könnteste glatt Mordgelüste entwickeln, umso mehr dann, wenn Du in den Gazetten liest, dass das ganze Brimborium um Ölmangel etc. eine Münchhausen-Story ist und bleibt) und verfolgte nur schläfrig einen Beitrag im Radio, wonach Umfrageergebnisse ergaben, dass die heutige Jugend vor allem Angst vor dem sozialen Abstieg habe und ein relativ hoher Prozentsatz (ich weiß die Zahl nicht mehr, nur dass ich geschluckt hab) der Jugend eher keine Perspektive für seine Zukunft hat. Oder sieht.
Ich dachte da auch so an meine Söhne, daran, dass sie in gut einem Jahr mit Schule und Ausbildung durch sind und dann mehr oder weniger auch ihr Ernst des Lebens beginnt. Und fragte mich so ein bisschen: Wer weiß, wohin es die beiden mal verschlägt; wer weiß, wo sie ihren Platz im Leben finden werden? Nein, trostlos empfinden wir drei das alles nicht, eher entspannt - wie immer eben.
Aber mir fielen dann so die einen oder anderen Geschichten wieder ein, die Junior I ab und an erzählt. Von Freunden, Freundinnen schon in der ersten und jetzt auch in der zweiten Ausbildung, die entweder abbrechen, weil sie den Ansprüchen nicht gerecht werden können. Oder abbrechen, weil sie Probleme mit sich und dem Leben haben - und in tiefste Depressionen versinken.
Wenn Ihr mich fragt: Ich nehme so etwas immer ernst, auch wenn der eine erst siebzehn oder die andere erst zwanzig ist.
Nun ist es ja auch so, dass die bunte Welt des Internets irgendwie auch beinah mein zweites Zuhause geworden ist (ja, ich glaub, ich bin süchtig - zumindest in den Momenten, wo ich Langeweile hab :)) und ich lese ja immer mal in vielen anderen Blogs auf allen möglichen Seiten. Nur wenige regelmäßig, die meisten eher, weil ich sie zufällig finde.
Was mir dabei immer wieder auffiel: In diesen Blogs finde ich unglaublich viele junge Menschen zwischen sechzehn und fünfundzwanzig Jahren, die jeden Tag darüber nachdenken, ob und wie sie ihrem Leben ein Ende setzen könnten; die sich selbst verletzen und die Arme zerschneiden, nur damit sie überhaupt wieder etwas fühlen können; die die Sonne nicht zu sehen vermögen, weil sie ihre Fenster eingestaubt haben... Diese Blogs sind auch fast ausschließlich in dunklen, bedrückenden Farben gestaltet, so dass ich schon ahne, was mich erwartet, sobald ich nur zufällig einen Post öffne.
Ich lese das derart oft, dass ich - man sieh mir das nach - oftmals einfach diesen Blog dann wieder schließe und denke: "Nein, sowas kann ich jetzt nicht schon wieder lesen."
Man siehe mir nach, dass ich diese geballte Fülle der zerstörten Hoffnungen und Träume zwar ernst nehme, aber dennoch nicht ertragen kann. Aber ich frage mich: Was ist los mit den jungen Menschen, bei denen, kaum dass die Eierschalen abgefallen sind, schon eine so derartige Trostlosigkeit in der Seele wohnt? Was ist mit den Eltern dieser jungen Menschen? Wissen die Eltern? Kümmern sich die Eltern?
Depressionen sind ja nichts, die man sich irgendwo im Vorbeigehen mit aufschnappt, gegen die man sich wehren oder einfach mal etwas tun kann. Insbesondere durch Erfahrungen in meinem eigenen Freundeskreis weiß ich, wie hilflos man sich da oft fühlen kann - weil man nicht immer weiß, ob und was man tun kann, um einem anderen auf die Beine zu helfen.
Dennoch muss ich sagen.. Der Anteil der jungen Blogschreiber, die so hoffnungslos, so zerstört wirken, erscheint mir unverhältnismäßig hoch und das erschreckt mich irgendwie. Mein Gott, wie waren wir mit siebzehn, neunzehn, zwanzig Jahren? Ging es uns damals zu gut oder ist es heute eher ein Luxusproblem? Natürlich abgesehen von den Menschen, die Schlimmes erlebten.
Ich weiß das alles gar nicht, es belastet mich jetzt auch nicht - aber diese Frage beschäftigt mich.
Und ich habe mal eben meinen immer noch kranken Sohn zu Hause angerufen und ihm gesagt, dass ich ihn sehr lieb habe.
Er gähnte und sagte: "Aber das weiß ich doch, Mutsch. Was gibts heut eigentlich zu essen?"

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