Samstag, 17. September 2011

Von Umarmungen und Händeschütteln

Als ich noch zu Hause bei meinen Eltern wohnte, war das irgendwie so gar nicht üblich, sich zur Begrüßung zu küssen oder zu umarmen. Man sagte "Moin Moin" oder "Tach!" oder maximal "Käffchen fertig?" und alles war damit gesagt.
Als ich älter wurde und von zu Hause fortging, lernte ich es kennen, dieses "Bussi hier, Bussi da" und muss ehrlich sagen: Es ist mir bis heute suspekt. Und - wenn Ihr mich fragt - größtenteils auch unaufrichtig. Diese spitzen Münder und diese angedeuteten, aufgehauchten Küsschen rechts und links - weil mans eben so macht, weils eben alle so machen und damit eine (Wiedersehens)freude suggeriert, die man aber gar nicht (wirklich) empfindet. Könnt Ihr sowas? Ich nicht! Wenn ich nicht will, dann strecke ich nur die Hand entgegen, schön mit ausgestrecktem Arm, wo selbst jeder Nicht-Hobby-Psychologe spontan begreift: Die will mich auf Abstand halten.
Wenn ich aber will, dann spitze ich nicht den Mund und deute ein Küsschen an, nein, dann umarme ich herzlich und zupackend. Dem einen gefällts und der andere kriegt vielleicht keine Luft, aber so bin ich eben.
Was ich auch so gar nicht abkann, ist, wenn man mir beim Händedruck nur die Finger quetscht, nein, also wenn, dann nehmt doch bitt schön die ganze Hand. Und drückt sie vernünftig, ich meine, Ihr müsst mir nicht gleich die Hand brechen, aber so schlaffe, verweichlichte Hände sind mir ein Greuel. Wie wenn du das Gefühl hast, in den Händen einen Schwabbelpudding zu halten, der dir beim Zufassen gleich durch die Finger drückt. Igitt! Genauso empfinde ich diese eiskalten Schweißhände, von denen ich das Gefühl hab, dass mir eine Frostwelle gleichsam durch den Körper jagt. Brrrrr!
Ich meine, ist das eigentlich noch ein Relikt längst vergangener Zeiten oder gehört es auch heute noch zum guten Ton, einander die Hand zu reichen, insbesondere fremden Menschen? Gerade wenn so mehrere Menschen beieinander stehen, ist es dann wirklich (noch) angebracht, jedem einzelnen die Hand zu schütteln oder kann man sich nicht einfach dazu stellen und "Hallo" sagen? Ich meine, auf Parties ist man da ja fein raus, alles ist eh entspannter und außerdem hast du dort immer die Möglichkeit, dich an einem Glas Prosecco festzuhalten und mit der anderen rein zufällig immer und immer wieder eine imaginäre, widerspenstige Haarsträhne aus den Augen zu streichen (genau deswegen trag ich übrigens lange Haare :)) Doch im Alltag? Ich mein, ich kann ja nicht ständig mit nem Sektglas rumrennen, oder?
Die Frage bleibt also... Wie macht mans richtig? Andererseits... habe ich oft gern scherzhaft gemeint, dass ich kein Trendjäger bin, sondern höchstens meine eigenen setze. Womit ich ja nur zum Ausdruck bringen will, dass mir herzlich egal ist, was fremde Menschen von mir denken oder halten (ausgenommen natürlich die, die mir etwas oder sogar viel bedeuten). Also nehmts mir nicht übel, wenn ich Euch maximal den geraden Arm entgegenstrecke, um Euch die Hand zu schütteln oder aber mich auch einfach nur zu Euch geselle, das obligatorische Gläschen in der Hand - das ist immerhin ehrlicher als dieses "Küsschen Küsschen" und "schön, dich zu sehen, hey Süße sag mal, hast du vielleicht abgenommen, du siehst sooo gut aus!?", nur um mich abends beim Liebsten auf dem Sofa auszuschütten darüber, wie fett die eine oder andere geworden ist, wie primitiv ihr Lidstrich oder ordinär ihr Dekollete. Na oder?

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