Sonntag, 15. Mai 2011

B wie Banause

Ich weiß nicht mehr genau, wie lange ich keine Ausstellung mehr besucht hatte.
Demzufolge verwechselte mein Hirn "Pinakotek" zunächst mit "Vinotek" oder so ähnlich, oder hatte sich bei diesem Wort das Hirn aus- und die Leber eingeschalten? Na wie auch immer, heute jedenfalls machte ich Bekanntschaft mit der Pinakotek, ein derart weitläufiges Ausstellungsgelände, dass ich - wie seit schätzungsweise zwanzig Jahren immer wieder - feststellte, mich für das falsche Schuhwerk entschieden zu haben. Na aber irgendwie ist das doch auch blöd: Auch wenn du nur für ein Wochenende verreist, weißt du nie, was du einpacken sollst - nur um dann festzustellen, dass du eben genau das falsche eingepackt hast. Tausend Sommersachen, tausend Sommerschuhe hatte ich dabei - aber hier in Posemuggel ist es kalt, es regnet und für Dauerläufe hatte ich lediglich die Sportschuhe eingepackt, die mit einem Schlag mein Sonntagsoutfit ruiniert hätten.
Egal, angucken wollte ich mir das trotzdem, dann eben Zähne zusammenbeißen und rein in die Sandaletten, auch wenns dort nun eben nichts zu trinken gab, das den Körper wärmte und die Welt bunt, rosa und schillernd machte.
Ich muss Euch ehrlich sagen... Nach den ersten Räumen voller Kunstwerke begann ich mich ernsthaft zu fragen: Wie viel musste der eine oder andere Künstler zahlen, um einen ehrenwerten Platz in der Galerie zu bekommen?
Und wer entscheidet eigentlich darüber, ob ein Bild auch ein Kunstwerk ist?
Ich weiß nicht, ich kam einfach nicht umhin, mich nach dem fünften Gemälde an die Geschichte mit des Kaisers neuen Kleidern zu erinnern, wo die breite Masse etwas lobt, das es gar nicht gibt...
Insofern war ich einen Moment lang versucht, mich auf so eine Skulptur zu schwingen und auszurufen: "Na aber das ist doch gar keine Kunst!" Leider schrillte bei dem Versuch, sich einem Ausstellungsstück unter 50 cm zu nähern, ein Alarm, der alsbald grimmgesichtige Damen mit Brustplaketten "Ich bin hier die Aufsicht!" auf den Plan rief. Na die wussten schon, warum die das tun - freiwillig klaut diese Bilder dort doch kein Mensch.
Na ist doch wahr: Hänge in einer Galerie die Erstlingswerke deiner Kinder dazwischen, richtig schön groß auf Leinwand gezogen - und kein Schwein wird das merken, sondern versuchen, die Bilder derart zu interpretieren, dass du vor Lachen nicht wieder in den Schlaf kommst oder zu glauben beginnst, du hättest in der Tat einen neuen kleinen Picasso erschaffen. Ich meine, worin bitte liegt die Kunst, eine waagerechte blaue und rote Linie und darauf stehend eine blaue senkrechte Linie zu zeichnen? Bin ich nun zu sehr Banause, dass ich einfach nicht begriff, was hier die Kernaussage sein sollte?
Vielleicht die bildliche Darstellung vom horizontalen Gewerbe, wo nur eines steht?
In der Abteilung "Darstellung Mensch" jedenfalls atmete ich auf - hier war meine Welt, das hier war etwas, von dem ich mir Inspiration versprach. Doch ehrlich gesagt, atmete ich eher auf, wieder hinausgehen zu können. So viel düstere Bilder, so viel düstere Farben, abgetrennte Köpfe, geöffnete Leiber und selbst einfache Porträts in so dunklen Farben abgefasst, dass selbst Hobbypsychologen ihre wahre Freude an den Künstlern gehabt hätten. Viel zu lachen scheint es früher jedenfalls nicht gegeben zu haben.
Ich war ja auch nie ein Fan von Andy Warhol, aber ich muss offen gestehen, dass seine Bilder mich letztlich am ehesten inspirierten, so dass ich den Wahnsinns-Eintrittspreis von 1 Euro am Ende doch noch für gerechtfertigt hielt.
Auch habe ich entschieden, aus mir keinen Kunstverstandesmenschen machen zu lassen. Manchmal bleibe ich doch lieber das Kind, das seine Wahrheit hinaus in die Welt schreit, anstatt der Masse hinterherzustürzen. Aber jetzt muss ich die Tasche packen, in einer Stunde gehts wieder heim zu meinen beiden Picassos, die Gemälde allerhöchstens auf der Toilette hinterlassen.

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