Donnerstag, 30. Dezember 2010

Es Klappert Die Mühle Am Rauschenden Bach

...klipp klapp...
Wer kennt es nicht, das Kinderlied aus vergangenen Zeiten, von denen ich heute zuweilen wünschte, ich wäre wieder eines. Eines, das sich keine Gedanken darum machen musste, wo das Essen herkam, das auch nicht damit betraut war, es anzurichten und auf den Tisch zu stellen. Und eines, das Nein sagen durfte, wenn es ums Spazierengehen ging - und das damit auch erhört wurde!
Heute, Tag Eins, nachdem Frau Angina skrupellos zur Tür hinausgeworfen ward, hieß es: "Wir tuen heute etwas für unsere Gesundheit und gehen spazieren."
Man beachte den Wortlaut: Wir...
Also ich habe nicht gesprochen, Ehrenwort - ich hab nur still gelauscht.
Ich meine, ist Euch überhaupt schon mal aufgefallen, dass auch der Arzt, zu dem man hin und wieder geht, immer dieselbe Frage stellt: "Wie gehts uns denn heute?" Aber wenns dann darum geht, die Brust freizumachen...
Jedenfalls verließ ich Haus & Hof gewappnet mit bestimmt drei Pullovern unter der Jacke (wems zuviel klingt, dem sei gesagt: Frauen ziehen sich immer so an, dass es schick aussieht und nicht so, wie es Wind & Wetter erforderten - was wiederum heißt: Sie trägt im Winter lieber drei Sommerpullover übereinander als den dicken robusten, der von dem letzten bisschen Form, die man zu haben meint, so überhaupt nichts mehr erahnen lässt), Schal und Mütze sowie einem Sack Taschentücher, von denen ich lediglich die Hälfte wieder heimbrachte.
Und die Mühle am rauschenden Bach jedenfalls entpuppte sich als ein fades Wasserkraftwerk eines Energiekonzerns zum Anschauen, bei dem ich noch vergnügt durch die Fenster schaute und das Wesentliche nicht bedacht hatte: den Wiederaufstieg des Berges.
Mann, hab ich vielleicht geschwitzt! Unterwegs mehrfach dem Gedanken widerstanden, mich trotzig wie einst in den Schnee zu hocken, die Arme auf der Brust verschränkt: "Ich kann nicht mehr, so, macht, was ihr wollt!"
Oder die Ausrede gebraucht: "Ich bin eigentlich immer noch krank, ich gehörte eigentlich immer noch ins Bett, wusstest du das denn nicht?"
Aber was hätte mir das schon genutzt. Ich meine, zieht mal Mammutlebendgewicht durch den Schnee, vom Tragen ganz zu schweigen. Und leider gibt es auch noch kein physikalisches Gesetz, das mir erlaubt hätte, einen Berg hinaufzurollen. Unvermittelt musste ich dann aber auch lachen bei dem aufmunternden Zuruf: "Wir sind doch gleich da!", weil mir einfiel, dass mich schon zu Kindertagen meine werte Frau Mama ebenso beschissen hatte, als sie uns erst heimtückisch aufs Rad gelockt hatte ("S gibt dann auch ein Eis!") und ich ein paar Kilometer später glaubte, ich würde nie wieder heimkehren, oben auf dem Berg genauso trotzig stehen blieb und rief: "Ich kann nicht mehr!" und sie mich tröstete: "Guck mal, den Hügel noch, dann sind wir zu Hause."
Seitdem weiß ich zumindest, wie hügelig mein Fischland ist.
Ebenso wie dem trotzigen Aufgeben widerstand ich dem Gedanken, in hinreißend schönen Bachfällen zu baden, gleich einer... ähm... Elfe mit langem lockigen Haar... Na ja, oder sowas Ähnliches jedenfalls. Im Kopf jedenfalls hatte ich schon beinah tausend Bilder, wie das vielleicht ausschauen könnte, mich hier im Sommer wieder einzufinden, an herrlich frischem Quellwasser zu laben, im Haar tausend feine Wassertröpfchen zu tragen und mit nur einem langen weißen Hemd bekleidet in das Wasser einzutauchen...
Ach na ja, was soll ich Euch erzählen, Ihr wisst ja selbst, dass die Realität eine ganz andere ist.
Mit einem "Dschuuuuuudschhhh" jedenfalls zerstoben diese Tagträume in abertausende Scherben allein bei dem trocken eingeworfenen Einwand "Du weißt aber schon, dass das hier ein Luftkurort ist und es hier im Sommer von Touristen nur so wimmelt."
Nicht nur das, Leute, nicht nur das! Vermutlich würde ich es ebenso nur wagen, einen Zeh einzutauchen und so schon quietschend und springend den Rückzug antreten. Und ich meine, habt Ihr schon mal ein Mammut elfengleich baden oder tanzen sehen? Eben.
Also kehrte ich in nullkommanichts zur Realität zurück, stieg weiter tapfer den Berg hinauf, kämpfte mich durch Eis und Schnee zurück zum Auto, während ich spürte, dass offenbar auch schon das dritte meines Zwiebelhäutchens rettungslos durchtränkt war vom Schweiße meines Leibes und ich sehnte mich nur noch nach einem: Ruhe.
Ruhe, Hinsetzen, einen Milchkaffee genießen und alle viere gelassen von mir strecken. Nun, was soll ich sagen: Die Thermoskanne stand genauso tapfer zu Hause wie alle in Frage kommenden Cafes kilometerweit entfernt von mir waren.
Und nun, ein paar Stunden später, wieder daheim und gestärkt am Abendmahl, gewärmt durch eine herrlich heiße Dusche und ruhiggestellt mit ein paar schokoladigen Leckereien auf dem Tisch, liege ich hier faul auf dem Sofa und kann Euch sagen: Ich würd es wieder tun!
Aber erst mal kann auch ganz in Ruhe das neue Jahr herankommen.

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