Freitag, 5. Februar 2010

Der Blitz Schlägt Immer Dreimal Ein

Zumindest kenne ich diesen Spruch so seit meinen Kindertagen.
Aber wie die meisten von Euch wissen, sind genau diese Kindertage seit ewigen Zeiten her, inzwischen hat sich so ziemlich alles revolutioniert - die Gleichberechtigung der Frau (sie konnte den stinkenden Kohleherd gegen einen mit umweltfreundlichem Ceranfeld tauschen, spart Zeit, in der sie dann entweder baden, lesen oder putzen kann - und kein Geld - weil, sie könnte in der Zeit ja auch shoppen gehen), das Wasser kommt warm "aus der Wand", die Wäsche muss nicht mehr auf dem Brett geschrubbt werden, Frau von heute fährt außerdem in nem schicken Mini statt auf nem rostigen Fahrrad und die Wohnung gleicht einem Hightech-Shop, wo für mindestens einen Handgriff mindestens zwei elektrische oder elektronische Hilfsmittel zur Verfügung stehen.
Das bedeutet nun aber - nach der langen Einleitung - ebenso, dass sich auch... der Titel meines heutigen Eintrags revolutioniert hat. Und während zu damaligen Zeiten der Blitz eben dreimal einschlug, so geschieht das mitunter heute fünfmal oder sechsmal - und ehe Du richtig Luft geholt hast, kracht es gleich noch einmal hernieder.
So siehts aus.
Und wie sieht das ganz konkret im Alltag aus?

  1. Menschen kündigen Dir die Freundschaft (dagegen bist Du machtlos, aber egal, wie weh es tut, Du nimmst es hin, weil manche Wege vielleicht eben einfach auch zuende sind).
  2. Neckigkeiten im Job schlagen eines Tages in handfeste Streitigkeiten um (es fehlte nur noch eine Handbreit Schlamm zum Catchen).
  3. Angestellte mit Bürokratenstatus erteilen Dir einen Sperrvermerk, weil die Anlage C zum Schreiben B des Bürokraten A noch fehlt - aber sagen Dir nix davon (Du merkst es nur, wenn der Lohn für harte Arbeitstage ausbleibt) - sie sind so überarbeitet, dass drei wohlgenährte Damen in einem Raum an jeweils einem gut ausgestatteten PC-Arbeitsplatz sitzen, neben sich eine halb geleerte Tasse Kaffee und sonst nix - gar nix - aber klimpern wie wild auf ihrer Tastatur herum, so dass Du genau weißt: Die Beschäftigung heißt "Internetsurfing" oder "Solitaire".
  4. Beim Einstieg in Dein Auto brummt es Dich derart laut an, dass Dir schlagartig klar wird: JETZT ist der nächste Besuch in der Werkstatt fällig - macht ja nix, der letzte ist ja erst drei Monate her.
  5. Beim Eintritt in Deine Wohnung brummt Dich noch lauter Dein pubertierendes Kind an, weil Du gewagt hast, seine angeregte Chat-Kommunikation mit der Liebsten zu unterbrechen, nur um so unnötige Dinge zu erfragen wie den Blick in das Hausaufgabenheft und auf etwaig gelöste Hausaufgaben. Doch schon beim Blick in das Hausaufgabenheft bist Du wie vom Donner gerührt: Drei Einträge in zwei Tagen - und zwei Einträge davon wegen flegelhaftem (möchte-gern-obercool, sagt Mutter Helma dazu) Benehmen Schülern und Lehrern gegenüber, wegen Null-Bock-Stimmung und leider Gottes auch entsprechenden Benotungen. Als es dann noch wagt zu fragen, wieso es nicht beim Freund übernachten darf, bricht ein Donnerwetter über das Haus Ziggenheimer herein - eins, von dem Du selber weißt: Es war lange, lange fällig. Doch wenn das Kind dann äußert: "Bin ich froh, wenn ich wieder beim Vater bin!" oder "Vielleicht sollte ich doch lieber beim Vater wohnen!" dann ist das ein Gefühl wie mindestens drei Blitzeinschläge auf einmal.
  6. Dich erreicht ein Anruf einer Lehrerin Deines Kindes - und Du erfährst so nebenbei noch ein paar Dinge aus der Rubrik "Was Sie über Ihr Kind noch nicht wussten, aber vielleicht wissen sollten."
  7. In der Nacht überfällt Dich Freund Schmerz so derart, dass Du weder schlafen noch atmen kannst und irgendwann vor lauter Selbstmitleid zu heulen anfängst, weil Du Dich alleine fühlst mit allem und einfach nicht weißt, wie Du alles und jederzeit bewältigen sollst.
Ja... Sieben Dinge - und alle sieben Dinge auf einen Schlag, sprich: an einem Tag. Irgendjemand sagte mir: "Dein Schmerz macht dich dünnhäutig und anfällig für Dinge, die du gar nicht nötig hast, so an dich heranzulassen." Hmm. Also ich weiß nicht. Wenn ich alle sieben Punkte so betrachte - bin ich dann eher nicht nur optisch ein Dickhäuter?
Denn Fakt ist eins: Wie es sich anfühlt, schmerzfrei zu sein, habe ich beinah vergessen.
Und wie sich Tage anfühlen, die einfach mal ruhig und seicht verlaufen... das weiß ich auch schon nicht mehr.
Aber habe ich mich deshalb jemals unterkriegen lassen?
Oder überhaupt jemandem von Euch gezeigt, wie es mir wirklich geht?
Näää, nämlich nicht - weil niemandem damit geholfen wäre - auch mir nicht. Und auch DAS kostet verdammt viel Energie.
Nun ja, oder ich bin ein klarer Fall für die psychologische Streckbank. Auskotzen auf Rezept.
Aber vielleicht... sollte ich ja einfach nur ein bisschen schlafen. Zwei Stunden in der Nacht sind definitiv zu wenig. Mit ein bisschen mehr Schlaf hätte ich mich heute Morgen jedenfalls nicht im Bad versteckt und geheult, nachdem ich den Anschiss der Obrigkeit mit aufs WC genommen hatte.
Sondern einfach mal gezeigt, was ne Harke ist, anstatt mich hier zum Hampelmann der Nation machen zu lassen.
Vermutlich aber... liegt das Problem darin, dass es sich bei meiner Harke eher... um eine dreizinkige Mini-Gartenkralle handelt.
Gut. Jetzt hab ich mich bei Euch ausgekotzt (bis zum nächsten Streckbank-Termin vergehen noch vier Wochen), trinke einen Kaffee mit viel Milch darauf und spüle - so gut es geht - den letzten Rest des Trübsals mit hinunter. Schließlich steht das Wochenende vor der Tür. Na also.

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