Dienstag, 14. April 2009

Pauschaldenken und Individualreisen

Einen schönen guten Abend wünsch ich und bin heut etwas aufgewühlt in diese Runde gekommen, genauso aufgewühlt, wie meine Haare heut Abend nach dem frischen Fönen aussehen ;-) Gerade habe ich eine angeregte Diskussion hinter mir, die mich schon ziemlich aufgeregt, aber irgendwie auch aufgewühlt hat. Eine Diskussion darüber, ob jeder Mensch in jeder Hinsicht seines eigenen Glückes Schmied ist. Ich meine, natürlich ist immer entscheidend, wie viel Ehrgeiz ein Mensch besitzt, wie viel Kraft, Energie und (eisernen) Willen er in sich trägt. An dieser Stelle muss ich gestehen, dass ich zwar auch einen Ehrgeiz besitze, dennoch aber auch mit Provisorien sehr gut leben kann und ich vor allem genieße, wenn ich nicht pausenlos Kraft investieren muss ;-) Man könnte es sicherlich auch einfacher sagen: Manchmal lieb ich es einfach auch bequem ;-)
Und so könnte jemand mit Fug und Recht behaupten: Du hättest mehr aus dir machen können.
Sicherlich. Mit ein bisschen mehr Ehrgeiz und vor allem Disziplin hätte ich heute vielleicht auch ein Abi in der Tasche, hätte Grafikdesign studiert (damals, zu Ostzeiten, habe ich mich entsprechend bewerben wollen - aber lediglich 2 Ausbildungsstellen für die gesamte Insel Rügen - ja, da hatte ich leider keine Chance ;-)), weil ich einfach unheimlich gern zeichne, gestalte (Letzteres kann man seit gestern Abend mal wieder in meiner Wohnung bestaunen - so wie ich gestern aus der Käferperspektive - heißt soviel wie: Ich lag völlig kreuzlahm auf meinem Teppich, weil ich mich vor Schmerz kaum noch rühren konnte nach dem Möbelrücken, bei denen ich - offen gesagt - zu bequem war, die erst großartig aus- und dann wieder einzuräumen. Also auch selbst schuld ;-)). Und wozu ich damals keine Möglichkeit hatte, OK, das hätte ich in späteren Jahren nachholen können. Nur - ich beklage mich überhaupt nicht. Weder über mein Leben noch über die Chancen, die ich nicht genutzt habe. Ich bin zufrieden mit dem, das ich habe, mir schaffen konnte oder auch mit Hilfe weniger, aber mir sehr wichtiger Menschen zu erreichen vermochte. Und es gibt noch immer Dinge, von denen ich träume bzw. an deren Erreichbarkeit ich arbeite. Sicherlich... nicht unbedingt mit eiserner Disziplin, aber hey, ich will ja auch nicht verbissen sein ;-) Ich will leben, genießen, Spaß haben und ansonsten auch meine Pflichten erfüllen. Verantwortung tragen. Ich lebe gern mal in den Tag hinein, denn umso intensiver kann ich mich an anderen Tagen um die Pflichterfüllung kümmern.
Doch ich merke, ich schweife vom Thema ab :-) Was ich sagen will... Die Diskussion heut Abend... Über das eine oder andere Thema kamen wir auf dieses Pauschaldenken, indem eben gesagt wurde: "Jeder Mensch muss soviel Polster haben, dass er zwei Monate ohne Gehalt auskommen könnte." Worte, die in mir sofort ein ungutes Bauchgefühl hervorriefen. Gesichter von Menschen vor meinem geistigen Auge erschienen, die ich nicht kenne und nur flüchtig im Vorbeigehen sah. Menschen, die körperlich und/oder geistig gehandicaped sind. Und gerade in unserer Zeit ist es leider Gottes immer entscheidender geworden, wie smart, fit, jung, dynamisch, gutaussehend und was weiß ich noch alles wir auftreten. Natürlich sind wir selber schuld, wenn wir eigene Ressourcen und Möglichkeiten nicht nutzen. Aber kann man das wirklich so pauschal auf alles und jeden übertragen?? Dagegen wehre ich mich vehement. Ich bin immer dafür, dass man auch die zweite Seite einer Medaille betrachtet. Dass man den "Einzelfall" berücksichtigt. Es gibt immer Ausnahmen, solche und solche. Es gibt immer auch Argumente, die man widerlegen kann. Dennoch - ich bleibe dabei: Pauschales Denken lehne ich ab. Und bezweifel nach wie vor, ob wirklich jeder Mensch die Möglichkeit besitzt, sich ein finanzielles Polster von eben zwei Monatsgehältern zu schaffen. Da fällt mir spontan die Reinigungskraft aus dem Kaufhaus ein oder die Verkäuferin aus dem Billigmarkt. Oder der Mann, der mir zuweilen morgens den kostenlosen Stadtanzeiger in den Briefkasten wirft. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Menschen froh sind, wenn sie jeden Monat ihre Miete und das Essen bezahlen können, entweder für sich selbst oder auch für ihre Kinder. Und ich kann mir ebenso gut vorstellen, dass es dafür genügend Beispiele gibt. Nicht umsonst gibt es ja auch Reportagen über Menschen, die zwei oder drei Jobs auf einmal bewältigen, nur um überhaupt überleben zu können. Dass andere Menschen sich aus dem Nichts eine Existenz aufbauen konnten, aus eigener Kraft eine Stufe in ihrem Leben erreichen konnten, das ihnen ein sorgloses und/oder abgesichertes Leben ermöglicht, das bewundere ich sehr und freut mich ehrlich ohne jeden Neid für diejenigen. Dennoch muss ich auch oft daran denken, wie schnell gerade diese Menschen mitunter auch vergessen, wie es jener Reinigungskraft oder jenem Briefzusteller geht, wenn es ihnen selbst gut geht. Ich wehre mich einfach gegen dieses "alle über einen Kamm scheren". Ich will ja keine Entschuldigungen finden, auch für mich selbst nicht. Ich wünschte mir einfach nur, dass ein Blick auf die 2. Seite erhalten bleibt, auch wenn wir selbst auf der 1. Seite der Medaille leben und ausruhen könn(t)en.
Insofern... freue ich mich sehr auf den Urlaub in diesem Jahr, der uns hoffentlich und am liebsten quer durch Deutschland oder was weiß ich wohin führt. Eben keine Pauschal-, sondern eine ganz individuelle Reise :-) Einen Tag hier, morgens schon wieder woanders erwachen. Städte, Orte erkunden, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie haben. Seiten entdecken, die uns nachdenklich oder fröhlich machen. Und uns erkennen lassen, dass es nicht immer nur der Ehrgeiz ist. Manchmal gehört einfach auch... ein bisschen Glück dazu. Meine Meinung. 
So. Und jetzt versuch ich, zur Ruhe zu kommen. Ich hoffe, Ihr habt das schon geschafft :-)
Eure Helma

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