Dienstag, 1. Juli 2014

Wenn ich heute einen Wunsch frei hätte

...dann würden mich heute weder Weltfrieden noch ein Mittel gegen Aids noch sonst irgendwas interessieren. (Die Betonung liegt auf heute. Will ich nur noch mal extra hinzugefügt haben.)
Denn wenn ich heute einen Wunsch frei hätte, dann würde ich mir auch mal was ganz für mich allein wünschen: Mal einen einzigen Tag lang, wo man ganz entspannt morgens aufsteht (oder auch nicht - wann hab ich noch mal Urlaub?), den lieben langen Tag nix, ich sage NIX passiert, ich nichts tun muss und zur Abwechslung mal alles MIR hinterhergetragen wird.
Dann würde ich einen ganzen Tag lang alle Telefone auf einen Haufen schmeißen und die Tür zu diesem Raum dreifach vernageln.
Alles, was auch nur ein bisschen nach Pflicht riecht, wird des Hauses verwiesen.
Ich will ja nur einmal bisschen schnuppern - am süßen Duft eines Prinzessinnendaseins.

Manchmal isses aber einfach auch wie verhext.
Sagt Junior heute Morgen noch um halb sieben "Ich muss gleich los."
"Wohin denn? Du fängst doch erst halb drei an zu arbeiten."
"Ja, aber ich hab getauscht, im Nebenjob arbeite ich jetzt nicht mehr abends, weils ja nicht mehr geht, sondern dafür früh."
"Du willst den weitermachen? Aber du hast doch jetzt einen Job."
"Ja schon. Aber wenn die mich auch nach drei Wochen wieder heimschicken, hab ich gar nix mehr. Und wovon soll ich dann die Miete bezahlen?"
Auch wieder wahr. Obwohl ich persönlich da ja nicht so pessimistisch rangehen würde. Aber OK. Er ist erwachsen, seine Entscheidung.
"Aber sag denen rechtzeitig bescheid, wenn es zuviel wird", mahnte ich nur, "der Hauptjob geht vor, einen Nebenjob kriegst du immer wieder. Der Hauptjob darf nur nicht drunter leiden."
"Nein, natürlich nicht!"
Und heute Nachmittag, um exakt 14.15 Uhr, also 15 Minuten vor Schichtbeginn, klingelt das Telefon (mein Bauchgefühl werde ich eines Tages noch patentieren lassen, übrigens).
"So eine verdammte Scheiße!!!!"
Verschlafen? Bahn verpasst? Irgendwas verpasst?
"Ich hab vergessen, meine Arbeitsschutzschuhe mitzunehmen! Ich könnte soooo heulen!"
Äh.
Arbeitsschutzschuhe mit eingebauten Stahlkappen. OK, da kann kein normaler Turnschuh anstinken.
"Du musst in zehn Minuten da sein", sage ich also etwas lahm.
"Jahaha! Weiß ich doch! Aber so darf ich da nicht rein!"
Im Kopf überschlage ich: "Mindestens eine Stunde Rückfahrt, hinzu jeweils 20 min Fußweg - und er steht schon vorm Tor."
"Jetzt geh doch erst mal rein und frage die, ob sie eventuell Ersatzschuhe da haben. Hast ja von denen auch die Arbeitskleidung bekommen."
"Nee, die bekam ich von der Arbeitsvermittlung."
"Na und? Was glaubst du denn, woher die die Klamotten haben?"
Also ging er rein. Mit hängenden Schultern und so - ich kenn das ja.
Lange Rede, kurzer Sinn: Sie haben ihn entscheiden lassen, entweder er holt seine Schuhe und kommt wieder oder er arbeitet heute eben nicht. "Reg dich doch nicht so auf, passiert auch anderen", wurde ihm gesagt.
Und so rief er wieder bei mir an: "Ich hab kein Geld mehr für die Bahn."
Äh.
"Aber meine EC-Karte hab ich dabei."
"OK, dann guck ich schnell im Internet, wo der nächste Automat ist und dann nimm die Beine in die Hand."
(Also wenn er heute Nacht wieder sagt, wie ihm die Füße brennen, glaube ich es unbesehen.)
Er nach Hause. Rein kommt er dort nicht: Es gibt nur zwei Schlüssel zu dieser Wohnung, Junior II hat seinen und meiner liegt im Briefkasten. Extra für mich, damit ich heut Abend reinkomm. Nur kommt Junior I jetzt nicht mehr an den Briefkasten ran.
Rufe ich (Junior I hat kaum noch Guthaben) bei Junior II an: "Du müsstest doch gleich zu Hause sein?"
"Hmm. Grad ganz schlecht."
"Liegst du schon wieder auf einer Frau?" liegt mir auf der Zunge, aber das verkneife ich mir.
"Ich bin noch in der Schule, muss grad ne Arbeit nachschreiben."
Ups.
"Junge, du musst bei den Nachbarn klingeln und ganz doll hoffen, dass du die Schuhe im Hausflur stehen lassen hast."
Na Gott sei Dank. Wenigstens eins klappt.
Und ich?
Habe irgendwie den Kanal voll für heute. Gestern so n Stresstag, nachts nur vier Stunden Schlaf und heute auch wieder so n Kacktag - nicht nur wegen der Jugend.
Als dann bei der Kollegin das Telefon klingelte und ich sie ihre Tochter anschreien hörte: "Was machst denn du dort? Bist du völlig bescheuert? Da muss ich wohl jetzt los und dich abholen?? Ich kenn den Weg nicht mal!?", da hatte ich mit der Tochter schon irgendwie ein bisschen Mitleid. Wirklich. Wegen dem Anschreien und so. Aber eben auch nur ein kleines bisschen. Das meiste hatte ich mit der Mutter.
Und jetzt geh ich heim.
Ich hoffe, es kommt nix mehr, das mich reizt.
Bitte nicht mehr ansprechen heute. Und vor allem: Bloß nicht anrufen - dann ticke ich aus!

7 Kommentare:

Goldi hat gesagt…

AAAAAAAAAAllllllllsooooo ich würde Dich ja anrufen und Dir ein paar lustige Dinge erzählen um Dich abzulenken, aber üsch habe Deine Nummer nicht.

Trink Dir einen schönen Feierabend Wein, leg die Füsse hoch und denk dran "Du musst gar nix!" - dann klappt das alles viel besser :-*

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Frau Gold, bitte schicken Sie mir einfach nur bunte Bildchen. Irgendwas Lustiges - oder nen nackten Weihnachtsmann, egal - nur nicht anrufen :D
Die Nummer? Brauch ich ne email Adresse und dann schick ich sie :)
Wein? Ich kann nicht, ich hab Junior versprochen: Nach diesem Kotztag hol ich ihn heut noch mal von der Arbeit ab. Null Uhr. Mit dem Auto 15 min. Mit der Bahn 2 Stunden. Das kann ich ihm einfach nicht antun. Nur damit kann ich mir heute eben auch keinen Wein antun. Aaaaaaber gekauft hab ich mir vorhin ein Fläschchen und morgen Abend mach ich mir echt einen "Fetten" :)

Goldi hat gesagt…

goldiswelt@gmail.com ;) Anrufen, heute nimmer, ich bin gerade sprechfaul und muss, nachdem der kleine Besucher wieder gegangen ist, mal eben den Herrn U. mit Abendessen versorgen;) Hab dennoch einen schönen Abend Du herzensgute Mutter, denn anderen wäre es egal wie der Junior heimkommt.

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Da hatte ich es mit meinen beiden wirklich einfacher. Die Tochter ging nach dem Abi zum Studium nach Dresden und dann nach Moskau und der Sohn zog mit 17 1/2 in eine WG und war auch mehr oder weniger selbständig. - Bei deinem anstrengenden Leben käme ich zu nichts.
Lass es dir gut gehen, egal, was du gerade machst.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Kreisch!!!! Du bist GERADE sprechfaul??? Ich bin IMMER sprechfaul - in echt! ich kriege sogar nen Koller, wenn der Chef mich dreimal hintereinander weg anruft. Dann knurre ich ihn beim 3. Mal schon an: "WAS?!" :D
In der Hinsicht bin ich wirklich keine Frau, ich HASSE Telefonieren! :) Aber schreiben hingegen liebe ich *muhahhaaa*
Nachricht mit Nummer folgt :)
Danke :)

ladybright hat gesagt…

Herrjeh! Wenn Mütter nicht Stahlseile hätten, statt Nerven...
Ich kann mir vorstellen, daß dein bevorstehender Umzug gefühlsmäßig nicht einfacher wird dadurch.
Ganz viel Loslass-Mut gewünscht, für euch alle drei! :)

Goldi hat gesagt…

Ja, gerade, also seit ein paar Tagen. Aber ich hoffe, dass die Bildchen aufgeheitert haben ;)