Montag, 30. Juni 2014

Sie haben den 1. Preis gewonnen

Kennt Ihr den Witz? "Sie haben den 1. Preis gewonnen - Urlaub auf den Bahamas. Wie Sie da hinkommen, ist Ihre Sache."
So was ähnliches jedenfalls ging mir heute Mittag durch den Kopf, als mich Juniors Anruf erreichte: "Ich hab den Job. Soll nachher hinkommen wegen Vertrag und danach gehts gleich los. Einziger Nachteil: Jetzt kann ich mit euch das Deutschland-Spiel nicht gucken!"
Ihm als eingefleischten Fußballfan, der in der Mammut-Zeitung Kicker und auch in sonstigen, die über Fußball schreiben, wirklich jede einzelne Zeile liest und sich einprägt, gedanklich vermutlich bei jedem Spiel mit Schal, Bier und Chips mitfiebert und schwer Bayern-Fan ist, muss das wirklich richtig weh tun.
Doch meine dringlichste Frage war eher: "Ja hast du denn nun geklärt, wie du da hinkommst?"
"Ja. Hab im Internet nachgeschaut, ist eigentlich kein Thema. Bin zwar eineinhalb Stunden unterwegs, aber das ist machbar."
Und das Problem, das sich dann bereits heut Abend zeigte, als er mich anrief: "Ich bin die ganze Woche für die Spätschicht eingeteilt. Die geht jedoch nicht bis 23 Uhr, sondern bis 0 Uhr. Und die Bahn fährt leider nicht so wie es im Internet stand. Ich kann erst um drei wieder fahren."
Schluck.
Wenn man nachts irgendwo steht und nicht nach Hause kommt, ist das schon echt blöd.
Wenn man aber um die 9 Stunden in der Arbeit war und dann nachts nicht heim kommt, ist das noch blöder.
Wenn man jede Nacht der Woche nachts nicht heimkommst, ist das richtig... nun ja.
Und nun?
"Sowas muss man sich vorher überlegen, bevor man was unterschreibt", höre ich rechts vom Vater und links von den gelben Seiten.
Ich denke ja: Hauptsache, der Junge hängt nicht mehr zu Hause ab, versauert und verzweifelt, stattdessen kommt er wieder unter Leute und verdient auch ein bisschen Geld.
Und nun könnte man ja auch sagen: Soll er das erst mal machen, bisschen was zur Seite legen vom Verdienst und die Nachzahlung vom Amt von April bis Juni steht ja auch noch aus - vielleicht doch ein kleines Auto kaufen?
"Und wenn er sich nen Roller kauft?" regten die gelben Seiten an und da musste ich noch mal schlucken. Mein Junior Bruchheimer. Dem jeden Tag irgendwas zerbricht oder der was verliert oder so... Ein Unfall mit dem Roller würde er nicht so "glimpflich" überstehen wie den letzten mit meinem Auto. Auf so nem Roller ist man doch so... nackt!? So ungeschützt?
Mein großer Pechvogel... Und wenn nicht er, dann der andere. Denkst du nämlich, Gott sei Dank, mal einen Tag alles gut gegangen, kommt der andere heim, schmeißt frustriert die Tasche in die Ecke: "So eine Scheiße! Die haben mir meine Schuhe geklaut!" Bitte wie? So langsam gelaufen, dass man sie ihm abgeknispelt hat, ohne dass er was merkte?
Er verdrehte die Augen.
"Wir hatten heut Sport! Und ich bin danach aus Versehen in meinen Sportschuhen losgelaufen. Und als ich noch mal umgekehrt bin, waren die Schuhe weg!"
Hundertdreißig Ocken - flupp, weg warn se.
"Hast du mal den Hallenwart gefragt?" mischte sich der Große ein. "Oder deine Lehrerin? Ich glaub nicht, dass die einer geklaut hat. Sowas macht doch keiner." Mein Seelchen!
"Junge, überleg mal, in welcher Ecke die Sporthalle steht. Das Einzugsgebiet für Autonome, Studenten und Gelegenheitsjobber. Da nimmt jeder solche Schuhe mit Kusshand!"
Er wollte es mir nicht glauben, das Seelchen. Junior II dagegen glaubte mir sofort, ich sahs an seinem Blick.
Ja mein Sohn, dann spar mal fleißig auf deine neuen Schuhe.
"Dir kanns ja egal sein, war ja nicht dein Geld."
Mir ist es aber nicht egal. Hundertdreißig Euro sind fast dein Monatseinkommen, mein Kind. Es sei denn, du trittst endlich mal deinen Nebenjob an. Aber was rede ich...
Am besten nix mehr. Ich mach meine Sachen: meine to do Liste erweitern um Dinge, die ich noch so brauche. Um Vorstellungen, wie meine Sachen in die Wohnung der gelben Seiten passen, ohne dass wir über Kisten und Kästen steigen müssen. Wie wir ein Homeoffice einrichten, ohne dass der Lebensraum wie ein Büro aussieht. Ja und dann könnte ich zumindest schon mal Dinge verpacken, die ich aktuell wenig brauche - und in meiner Abstellkammer unterbringen. In den Keller geht leider nicht, wenn ich noch lange Freude an den Dingen haben will: Das Grundwasser steht so hoch und die Mauern sind so durchlässig, dass du manche Tage eine Kneippkur darin veranstalten könntest. Nää. Da kommen meine Sachen nicht rein.
Aber es wird sich schon noch für alles eine Lösung finden. So war das immer. So wirds auch immer sein. Gehts nicht links lang, gehts eben rechts lang. Oder gerade aus.

Sonntag, 29. Juni 2014

Kategorie Sahnestücke

  

Diesen Song habe ich gestern im Web gefunden und neben den  Lyrics habe ich mich vor allem in den Klang der Gitarre verliebt. (Okay, es ist ein trauriger Text - aber solche Situationen kennen wir doch alle - und umso inniger erleben wir die Zeit danach. Jedenfalls ich.) Und dieser Gitarrensound... Es ist genau dieser Klang, der etwas in mir berührt, auslöst, weckt...
Ab Dienstag soll es wieder wärmer werden - und ich freu mich so sehr darauf. Auf die warmen Sommernächte, die ich barfuß durchtanzen möchte, in denen ich ein Glas Weißwein in der Hand halte und ab und an daran nippe. In denen ich mir das Kleid von der Schulter streifen lassen möchte. In denen ich den Kopf an die Schulter lehnen und wir uns im Takt der Musik bewegen, wortlos, und das einzige, das wir fühlen, ist der Herzschlag des anderen. Das einzige, das wir atmen, ist der Geruch des anderen, und auf der Zunge haben wir den Geschmack der milden Sommernacht, warm, salzig und mit den Aromen des Weines vermengt.
Wenn ich mich auf etwas freue, dann nicht allein auf die gemeinsame Zeit. Sondern vor allem auf all diese Möglichkeiten, die wir dann haben. Die sich nicht mehr nach Uhrzeit und Kalender richten.
Sieben Jahre in der Ferne leben sind mehr als genug.
Wir haben uns den Alltag verdient - und es liegt allein an uns, wie wir diesen füllen.
Und darauf freue ich mich so.
Also lass uns nicht darüber debattieren, ob ich noch immer zu wenig loslasse von hier. Das, was ich tue, tue ich mit Leidenschaft, hier und dort, mit Herzblut. Nicht aus Pflichtgefühl. Sondern mit Liebe. 

Samstag, 28. Juni 2014

Kategorie Fundstücke: Sound of my Saturday Evening

  

...ein wenig in der eigenen Datenbank herumgeschaut und bei ihm hängengeblieben. Ich mag seine Songs, jedenfalls die meisten.

Und die Uhr tickt

Nein, nicht die biologische. Natürlich nicht.
In letzter Zeit träume ich sehr intensiv. Sehr eindringlich. Und wieder in Farbe.
Einmal träume ich, die gelben Seiten hätten mich verbal sehr verletzt - und als ich mich vor ihm zurückziehe, weggehe und beginne zu weinen, da läuft er mir nach, lacht ein wenig und sagt: "Hey, das hast du grad alles völlig falsch verstanden."
Ein anderes Mal träume ich, ich hätte mir zwei Schneidezähne vorn herausgebrochen, und die Wurzel hätte ich mir selber herausgedreht - völlig schmerzfrei übrigens (ja wenn schon, dennschon).
Dann wieder träume ich von Situationen, in denen ich gleich Sex haben würde; doch immer kurz bevor es dazu kommt, entsteht irgendeine Situation, die das unmöglich macht.
Auch Bedrohliches mischt sich wieder in meine Träume, Bedrohliches für meinen Körper oder mein Leben - oder beides.
Gestern Abend war ich so erschöpft, dass ich mich noch vor acht Uhr auf mein Bett legte - und erst nach zwölf Stunden wieder erwachte. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so lange ohne eine Unterbrechung schlief. Was ich in diesen zwölf Stunden träumte, weiß ich nicht mehr alles, aber ich weiß noch, dass ich froh war, wieder wach zu sein. Ich erinner mich nur noch daran, dass mir ein kleines Mädchen in die Obhut gegeben wurde, sie war vielleicht sechs - acht Jahre alt. Wir wollten auf einen Spielplatz gehen, glaube ich, und irgendwie wurde ich abgelenkt von einem Basar, auf dem es lauter bunte Kleider gab und man mich überredete, doch unbedingt welche anzuprobieren. Und dann war das Mädchen weg, spurlos verschwunden und mit Herzklopfen lief ich den Weg, den ich gekommen war, zurück und rief immerzu nach dem Mädchen, mit steigender Angst, was wohl passiert sein mochte und was passieren würde, wenn ich das Mädchen ihrem Vater nicht zurückgeben könne. Doch noch bevor ich wieder erwachte, war die Kleine wieder da, gesund, munter und vergnügt.

"Was wirst du heut noch machen?" haben mich die gelben Seiten heute Vormittag gefragt und dann meinte er: "Du könntest ja schon anfangen, die Umzugskisten zu packen."
Mit einem Blick auf den Kalender sah ich: Noch sechs Wochen, oder sieben. Vielleicht wäre das wirklich Zeit zu beginnen. Aber das wäre völlig wider meiner Natur. Innerhalb von elf Jahren bin ich dreimal umgezogen, und ich habe es immer so gehandhabt: Am Vorabend alles verstauen und verpacken, am nächsten Morgen alles ins Auto verfrachten, bis zum späten Nachmittag alles aufbauen, Schränke anordnen und bis in die Nacht hinein alles einräumen, nur um am folgenden Morgen aufzustehen und alles an seinem Platz zu finden. Bis hin zu Kaffeebecher und Kaffeelöffel. Das hat dreimal so funktioniert, ich glaube nicht, dass ich an diesem Prozedere etwas ändern möchte. Ich kann mir nicht vorstellen, sieben Wochen auf Kisten zu sitzen bzw. zu wohnen - das würde mich völlig kirre machen. Fast mutet es selbst für mich an Paradoxie an, wenn ich sage, dass ich ständig Dinge verlege und es aber andererseits brauche, dass alles irgendwie trotzdem seine Ordnung hat, alles an seinem Platz sein muss. Na ja, mehr oder weniger.

Und Junior? Vor zwei Tagen hat er sich vorgestellt, bei der Firma, zu denen ich erst einen Tag zuvor seine Unterlagen schickte. Sie wollen ihn vermitteln, in das Qualitätsmanagement eines großen Kfz-Zulieferers. Doch um an den Arbeitsort zu gelangen, braucht er ein Auto. Meins kann er momentan nicht haben, ich brauche es zu oft selbst. Von seinem Ersparten könnte er maximal eines für 500 oder 600 Euro kaufen. Der Vater ist dagegen: "Das ist total unsinnig, dir jetzt ein Auto zu kaufen und dann fliegst du nach vier Wochen wieder raus."
Die gelben Seiten sehen das ähnlich, formulierten es aber wesentlich einfühlsamer: "Ich würde es auch nicht für wirklich klug halten, dass er sich jetzt ein Auto kauft. Es ist ja nicht nur der Kaufpreis. Er muss die Unterhaltung zahlen. Und Baujahr 1997? Man steckt nirgendwo drin, aber bei der Laufleistung, die dein Sohn braucht, kannst du davon ausgehen, dass er auch schnell mal Reparaturen zahlen muss. Doch wovon soll er das alles bezahlen?"
Seine Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. Doch was ist die Alternative?
"Er braucht einen Job, den er mit den Öffentlichen erreicht."
Ich verstehe diese Argumente und irgendwie öffne ich mich diesen sogar. Doch ist Junior in der Position, um dem Arbeitsmarkt mit seinen Bedingungen zu begegnen? Wenn also seine Bedingungen nicht passen, bleibt er weiter ohne Arbeit? Verliert weiter den Mut, die Zuversicht und vor allem auch das Wissen, weil er nicht anwenden kann, was er gelernt hat? All die Zahlencodes, die Verschlüsselungs-Codes, die lateinischen Begriffe für Körper und Krankheiten?
"Wie siehst du das?" habe ich Junior gefragt - und er hat die Schultern hochgehoben: "Ich weiß es auch nicht. Mir ist eigentlich alles egal, Hauptsache, ich habe wieder einen Job."

Und ich schaue wieder auf den Kalender und beginne zu ahnen, woher die wirren Träume kommen.
Und weil man sich nicht auf das konzentrieren soll, was man nicht ändern kann, sondern eben auf das Veränderbare, werde ich mir erst mal eine to do Liste anlegen mit Dingen, die ich selber noch zu erledigen habe bis zu meinem Umzug.
Sieben Wochen sind zu schnell vorbei. Die Uhr tickt unaufhörlich...

Mittwoch, 25. Juni 2014

Manchmal möcht ich aber wirklich einfach nur noch schreien

...oder wie der Sachse sagt: "Da kenntsch bleede wern!"
...oder wie die gelben Seiten sagen: "I flipp out here!"

Quelle: http://lustich.de/community/forum/23845-Achtung-BEKLOPPTE-sind-unterwe/
Da überlegst du hin und her, wie Du jemandem zum Geburtstag ne Freude machen könntest (praktische Geschenke gibts bei mir nie niemals, bei mir musses von Herzen kommen - auch und besonders, wenns an mich geht *hä hä*). Dann siehst du zwei-, dreimal ne Werbung von "Love Within" - ein (zugegebenermaßen) wunderbares Album (obwohl mir diese Art der Musik ja nicht wirklich liegt) und - zack - gesehen, gekauft, geliefert. Kam gestern frisch in meinen Postkasten.
Und was kommt heute via whatsapp?
"Du hast Post!"
Aha. Also in die Mails geguckt, schöne digitale Grußkarte erwartet - und nee, was les ich da?
"Hab mir heut Morgen das wunderbare Album gekauft, hör mal rein, hier zwei meiner Lieblingssongs."
Waaaaahhhhh!!! Wie kann man(n) SOWAS tun - drei Wochen vor dem Geburtstag??? Okay - es ist nicht das einzige und auch nicht das "Hauptgeschenk" - aber mal ehrlich, das ist doch scheiße sowas! So kurz vorm eigenen Geburtstag, da gehören in Zukunft sämtliche Kreditkarten gesperrt und Groschen weggeschlossen! Gibbet doch nich!

Der Krönung letzter Schluss aber ist Sohnemann I! Weilt er die Tage beim Vater und - so sagt er - dort habe er keinen Internetzugang. Weil, Vater besitzt nen neuen Laptop mit Windows 8 und die Bedienung sei zu schwer für Junior I (Ich kommentiere das jetzt NICHT!)
Also schreibe ich aktuell seine Bewerbungen, versende sie über Juniors Mailaccount und das einzige, das ich dafür erwarte, ist, dass der Junge sein verdammtes Telefon eingeschalten lässt und auch nicht bis in die Puppen schläft!!
Und was passiert??!! Der potentielle Arbeitgeber, von dem Sohnemann nicht mal weiß, dass er sich gestern Abend dort beworben hat (wie auch - wenn er nicht ans Handy geht??!!), bittet per E-Mail heute um Rückruf - WEIL MAN IHN LEIDER VERGEBLICH VERSUCHTE ZU ERREICHEN!
Ich drehe durch!
Und den Vater erreich ich auch nicht!?
ICH! DREHE! DURCH!

Dienstag, 24. Juni 2014

Kaffeesatzleserei

Mein erster Kaffee nach einer Woche - und was sagt mir meine Lieblingskaffeetasse? Genau!

Auf die Frage, wie es mir geht, antworte ich momentan eher verhalten. "Passt schon!"
Wir wissen ja, die Wahrheit interessiert nur die wenigsten und geht die meisten eh nix an.
Die Grippe der letzten Woche steckt mir mehr in den Knochen als ich dachte - oder liegts am Alter, dass ich mich immer.. ähm... schwerer tu, wieder auf die Beine zu kommen?
Na wenigstens bin ich mental wieder dicke da, das spürt Chef schon seit Montag: Er bekommt die meisten meiner frechen Spitzen ab. Als er heute Mittag anrief und sich vergewissern wollte, dass es für die Lohnzahlung im Juni keine Abweichungen gäbe und fragte: "Wir haben doch nichts übersehen, oder?" da antwortete ich: "Doch. Du übersiehst jeden Juni, dass das Urlaubsgeld noch fehlt." (Es gibt schon ne Gratifikation fürs Fußvolk, aber nicht in der Mitte des Jahres, Anm. der Redaktion) Er hat gelacht, meine Kollegin mir gegenüber hat gelacht und ich legte vergnügt auf und sagte zu ihr: "Nu ja, man kanns doch immer mal wieder probieren, oder? Vielleicht klappts ja eines Tages!" Immerhin bleibe ich halbtags diesem Unternehmen erhalten, steuere das meiste ab September vom noch einzurichtenden Home Office aus und nehme gerne jede Gratifikation mit, die am Wegesrand lauert.
Eine entsprechende Änderung zum Arbeitsvertrag haben wir heute aufgesetzt. Und ich persönlich fühle mich immer besser bei all dem, das vor mir liegt: Ich kenne meinen Arbeitgeber, ich kenne meinen Job, ich wohne endlich mit meinem Herzensmenschen in einem gemeinsamen Heim und kann zweimal im Monat auch meine Jungs besuchen: Zweimal im Monat bin ich für 2 Tage vor Ort, denn eine Azubine betreu ich ja auch noch.
Halbtagsjob bedeutet zwar eine einschneidende Gehaltseinbuße - ich glaube dennoch, dass dies für mich die bessere Lösung ist. Vor allem für meine Seele. Und ich bin so so so dankbar, dass mir das ermöglicht wurde. Irgendwie... habe ich das Gefühl, dass alles immer leichter wird...
Viel mehr als zehn ganze Jahre habe ich Mobbing in der Firma und auch in der Ehe ausgehalten, nach fünfzehn Jahren hängte ich endlich den Hut an den Haken der Ehe und zeitgleich auch des Jobs, und anschließend habe ich noch mal elf Jahre gekämpft. Für meine Kinder, um meine Existenz, um die Liebe.. um irgendwie alles.
Manches habe ich verloren, manches aufgegeben, und im Gegenzug habe ich so vieles bekommen.
Yin und Yang - passiert dir was Gutes, kommt anschließend was Schlechtes, dem folgt wieder was Gutes  - und so geht es weiter und weiter und immer wieder weiter. Mechanismen zu erkennen, Gesetzmäßigkeiten vielleicht sogar - mich hat das so entspannt. Heute Abend, Chef und ich saßen noch im Büro, fertigten ein letztes Dokument, und wir redeten währenddessen so dahin, über dies und das; er trank noch einen Kaffee, ich eine Tasse Pfefferminztee, und dann sagte ich: "Ich wünschte, ich hätte meine Gelassenheit schon vor zehn Jahren gehabt." Wie ich darauf gekommen war, weiß ich gar nicht mehr, es ging um Kunden, die einen zugeneigt, die anderen boshaft, die nächsten intrigant - Menschen eben.
Vor zehn Jahren... Hiobsbotschaften, Rückschläge, Stürze - mich hat das nicht untergekriegt, aber jedesmal war meine Seele in Aufruhr, habe ich innerlich getobt wie die stürmische See mit mindestens sieben Meter hohen Wellen. Ich habe geweint, gebrüllt, getrotzt - und wenn ich mich beruhigt hatte, war meist die Lösung auch schon nah.
Und heute... Aus der Trotzphase bin ich immerhin raus - dafür  haue ich ordentlich auf den Tisch, und zum Weinen bringen mich nur noch zwischenmenschliche Missstimmungen.
Bin ich nun also endlich erwachsen geworden - oder ein Miststück?
Wie auch immer - als ich diesen ersten Kaffee trank und den Bodensatz sah, der sich wie von selbst zu diesem Herzen geformt hatte, da musste ich unwillkürlich lächeln, weil mir der Gedanke kam, dass diese Botschaft irgendwie gerade jetzt so absolut zu meinem Leben passt.
Yin und Yang. Danke, dass Du da bist, Yin. Komm nicht so schnell zurück, Yang. Lass mir ein wenig Luft zum Atmen.

Off-topic-PS: Sagt mal - ich bekomme nur noch einen einzigen aktuellen Post meiner Leseliste angezeigt - ist das bei Euch auch so??? Was hat sich da verstellt oder funktioniert nicht mehr?? Ich verpasse ja so jeden aktuellen Post meiner Lieblingsblogs - und das will ich verdammt noch mal nicht. Weiß jemand eine Lösung? Und sagt jetzt nicht, ich soll auf "Weitere anzeigen" oder "Alle anzeigen" klicken: Hab ich alles ausprobiert, auch in verschiedenen Browsern und an verschiedenen Rechnern: Überall dasselbe :(

Mittwoch, 18. Juni 2014

Frage an die Frauen unter uns

Ich hätte da mal eine Frage: Ich trage momentan total gern zwei Ketten auf einmal. Eine ganz kurz, eine etwas länger. So etwas in der Art wie die beiden hier:

            


Aber beide Ketten vertüdeln sich immer miteinander - wie geht sowas? Und vor allem: Was kann ich dagegen machen? Das sieht doch total sch** aus, zwei so vertüddelte Ketten am Hals :(
Hab jetzt das Internet rauf und runter befragt, finde aber nix, keine Antwort.
Und selbst die zwei- bis dreistufigen Ketten, die man so schon "fertig" zu kaufen bekommt, vertüdeln ganz hässlich miteinander. Wie geht das, dass das nicht passiert? Los Mädels, sagt was. Irgendwann kann ich von diesem Krankenbett ja wieder aufstehen ;)

Ausgeknockt von Null auf Hundert

Heute Morgen um acht Uhr rief mich Chef an, um mir eine "Manöverkritik" mitzuteilen, wie er meinte: "Wir müssen Freitag ein Angebot abgeben und du hast noch nichts vorbereitet!"
Ähm.
Ja, das ist richtig.
Richtig ist aber auch, dass es mich gestern Morgen so richtig lang hingestreckt hat: Nichts geht mehr im Hause Ziggenheimer. Wer schon mal die Emailleschüssel von beiden Seiten geküsst hat, nur noch Wasser oder Tee verträgt, nachts mit Wechselbädern aus Hitze und Frieren kämpft und jeder Schritt in Küche und Badezimmer zum Marathon wird, der weiß, wovon ich rede.
Richtig ist auch, dass ich für dieses Angebot nicht einmal 30 Minuten benötigt hätte - wäre ich eben nicht krank geworden, so von jetzt auf gleich und bei aktuell 28 Grad (ich könnte echt heulen!) und Sonne satt.
Ist seine Kritik nun also berechtigt, weil ich hätte wissen, ahnen müssen, dass es mich so aushebelt, so von einem Tag auf den anderen? Ist Kritik dann berechtigt, weil man Angebote dann vorbereitet, wenn die Anfrage ins Haus flattert?
Vermutlich ist sie berechtigt, dennoch tangiert sich mich grad... eher peripher. Ich habe in nur 28 Stunden meine Bettwäsche dreimal durchgeschwitzt, dreimal gewechselt und trotz der Hitze in den Trockner gesteckt - zum Wäscheaufhängen reicht die körperliche Kraft einfach nicht mehr aus - ich habe mit tattrigen Händen einen weiteren Elektrolyte-Drink zubereitet ("Nichts essen, aber viel trinken!" forderte der Doc) und mich wieder in die siebentausend Kissen verkrochen.
"Ich bring morgen Obst und Gemüse mit, dann päppel ich dich wieder auf", meldeten die gelben Seiten.
Obst und Gemüse geht grad leider gar nicht!
"OK, dann bring ich gesunde Obstsäfte mit!"
Die gehen leider auch gar nicht!
Bring einfach nur dich mit. Alles andere wird dann schon.
Ungerecht finde ich nur, dass trotz der ganzen Quälerei meine Waage fröhlich vermeldet: "Alles wie immer!"
Pffff.

Montag, 16. Juni 2014

Manchmal ist es ja doch kurios

Nach dreißig Jahren überwinde ich mich, die Nadel aus meinem Fuß operieren zu lassen - ist mein Lieblingsarzt tot.
Nach der dritten oder zehnten Attacke hintereinander eines Magen-Darm-Virus entschließe ich mich, doch mal den Hausarzt aufzusuchen - hat der Urlaub! (Der hat noch nie Urlaub gehabt seit den vier, fünf Jahren, die ich da hingeh!)
Rufe ich den von mir bevorzugten Vertretungs-Doc an: Hat der auch Urlaub - sogar mit seiner Frau zusammen (die ist die dritte Ärztin in der Gemeinschaftspraxis).

Sohnemann kommt heim und wundert sich: "Du guckst wohl nicht mal WM?"
(Nein, ich hab grad erfahren, dass Schumacher aufgewacht ist, und wollte mal eben nur die Nachrichten schauen.) "Kind, du weißt doch, dass wir seit Wochen kein ARD und ZDF mehr empfangen können." Alles ultra verpixelt - auf allen drei Fernsehern in dieser bescheidenen Behausung, übrigens.  Seit WOCHEN! Nur diese beiden Sender!
"Oh Gott nee", erbleicht das Kind, "mein Kumpel kommt gleich, wir wollten uns das gemeinsam reinziehen!"
Drückt auf den Knopf in Jugendzimmers Glotze: Bild da, gestochen scharf. Aber auch nur in diesem einen TV.
Tja. Da fragste nix mehr. Da öffneste nur die Flasche und setzt an.
Wasser übrigens. Oder was habt Ihr gedacht?



Einen Schlag in den Magen

...nenne ich das jetzt doch. Nun hab ich mich nicht zuletzt auch durch Euch dazu durchgerungen, meine Nadel nach 30jähriger Verbundenheit wieder freizugeben, habe mich erinnert an jenen Chirurgen, der bei mir um die Ecke wohnt (na gut, um drei oder vier); ein Arzt, der mir aus einer Zeit von vor 10 - 12 Jahren noch richtig gut bekannt ist (ich ging dort quasi ständig ein und aus) - und erinnere mich außerdem daran, dass er neben der Praxis nicht nur als Notfallkofferarzt unterwegs war, sondern auch Belegbetten in einem der drei Kliniken hatte.
Also googel ich nach der Rufnummer, bereit, mir sofort und jetzt und gleich einen Termin geben zu lassen...
Und dann lese ich, dass er gestorben ist.
Ich bin echt fassungslos.
Wieso stirbt der so einfach? Das geht doch nicht?
Mensch, der war doch noch jung!? Ein so wahnsinnig einfühlsamer, aufmerksamer Mensch. Der, der damals zu mir sagte "Mädchen, du bist wie ein poröser Gartenschlauch: Halte ich hier zu, kommt an anderer Stelle was Neues. Tu was, mach was, trau dich." Er meinte die längst überfällige Scheidung - und zwei Jahre später fand ich endlich den Mut und wagte den Sprung. Er hat mich beglückwünscht, als ich mit der Schulter zu ihm kam und hat gesagt: "Deinen Ex zeig ich an. Als Arzt bin ich sowieso dazu verpflichtet." (Ich konnte ihn damals aber davon abhalten, weil ich aus gutem Grund befürchtete, damit noch Schlimmeres zu provozieren.)
"Plötzlich und unerwartet", lese ich und kanns irgendwie nicht glauben.
"Er war wohl zuviel Arzt und zu wenig Kaufmann", lese ich in einer seiner Arzt-Rezensionen.
Ich weiß grad gar nicht, was ich sagen oder denken soll.

Sonntag, 15. Juni 2014

Ihr sucht die Nadel im Heuhaufen?

Vergesst es - ich hab sie: Sie steckt seit rund dreißig Jahren in meinem linken Fuß. Irgendwann hab ich, glaub ich, schon mal drüber geschrieben, muss aber schon lange her sein. Blogge ja schließlich auch nicht erst seit gestern, also wer soll sich dann sowas merken?
Jedenfalls: Wer es noch nicht weiß, ich habe zwei Brüder. Einen älteren, einen jüngeren. Mit beiden habe ich mich, als wir noch recht klein waren, also in früher Kindheit oft geprügelt (Man haut keine Mädchen und man schlägt keine Frauen - man schlägt überhaupt nicht! - ; aber ich bin mir nicht sicher, ob ich insbesondere den Älteren nicht auch ab und zu provoziert habe. Zum Beispiel habe ich zu gerne seinen Vornamen verunglimpft und wenn er drohend guckte: "Halt! Die! Fresse!", hab ich trotzdem weitergemacht und mich scheckig gelacht. Nun ja, nicht lange.)
Bei einem solcher Anlässe bin ich geflüchtet - ins Schlafzimmer meiner Eltern. Neben dem Badezimmer die einzige Tür des Hauses mit Schlüssel, aber ich habs nicht mehr geschafft, die Tür vor seiner Nase zuzuhauen und den Schlüssel rumzudrehen. Gehauen hat er mich nicht, aber geschubst. Und auf dem Fußboden, was keiner sah, lag Mutters Nähnadel. Die verschwand mit dem Schubser in meinem Fuß. So schnell konnteste gar nicht gucken, aber leider war sie auch gleich so tief verschwunden, dass da kein Rankommen mehr war.
Ein paar Tage lang tats weh beim Auftreten und irgendwann sah man sie beim Auftreten zwischen den ersten beiden Zehen an die Haut stupsen.
Gesagt hab ich niemandem was davon (meiner Mum erst vor zwei Jahren oder so; sie hat sich bedankt!) und irgendwann vergaß ich es auch, weil sie sich eben nicht mehr bemerkbar machte und es auch nicht mehr schmerzte.
Bis vor ein paar Jahren, da sah ich sie wieder an altbekannter Stelle gegen die Haut stupsen. Zwei, drei Tage bisschen Probleme beim Auftreten - dann war alles wieder gut.
Sichtbar gemacht wurde sie übrigens 2008 in der ersten Schmerzklinik auf einem Röntgenbild, weil der Arzt nicht glauben mochte, dass die Nadel tatsächlich noch im Fuß sein sollte. War sie aber - und sie war über die Jahre hinweg in zwei Teile gebrochen.
"Mit Ihrem Schmerz hat das nichts zu tun", schloss er aus, "aber operieren sollte man das schon."
"Aber nur unter Vollnarkose", warnte ich.
"Natürlich", sagte er, "Sie wollen mit Sicherheit nicht hören, wie ich fluche, wenn ich nach der Nadel suche."
Grauslige Vorstellung.
Operiert wurde übrigens nicht, weil die Schmerzklinik sich lieber auf meine Psyche konzentrieren wollte als auf handfeste Beweise.
Und nun habe ich seit genau 9 Tagen wieder Schmerzen im Fuß. Laufe ich barfuss oder in flachen Schuhen, wird es mit jedem Schritt besser, aber im Liegen spüren ich ein Pochen und mit Absatzschuhen ist das nicht auszuhalten. Natürlich nicht, beide Nadelteile stecken im vorderen Ballen, genau da, wo man den Fuß eben abrollt.
"Dann lass das doch endlich mal operieren", mahnten die gelben Seiten.
Und ich sinniere darüber nach. Einerseits denke ich: "Verflucht, die drei Tage sind längst um, wieso hörts diesmal nicht einfach wieder auf so für die nächsten dreißig Jahre?" Andererseits denke ich: "Operieren, okay, aber jetzt??? Im Sommer??? In den Zeiten von baden im See, FlipFlops, Stilettos?? Bin ich denn völlig bekloppt??
Andererseits... Geht das so weiter wie aktuell, kann ich eben auch bloß keine Stilettos tragen, egal, ob ich ein Kleid dazu trage oder gleich nackt bleibe. Scheiße verdammt.

Jetzt knallts...

orange!

Gestern Nachmittag bin ich dann doch noch mal losgezogen und durch die Stadt gestreift und unterwegs dachte ich noch: "Ach Mensch Kunigunde, was hast du dir nur wieder dabei gedacht - es ist Lindenberg-Konzert und DU willst JETZT in die City..." An jeder Ampel Stau, so dass ich ernsthaft erwog, schon jetzt umzukehren und mir stattdessen einen vergnüglichen Nachmittag anderswo zu bereiten, weil mich schon auch der Verdacht überkam, dass es trotz vier Parkhäusern im Laufumkreis eng werden würde (Erfahrungwerte!). Außerdem schalt ich mich, dass ich nicht doch die Bahn gewählt hatte.
Aber gut, nicht schon vorher griesgramen - erst mal gucken.
Und es ging dann auch irgendwie immer noch recht flott und im ersten von mir bevorzugten Parkhaus in der von mir ebenso bevorzugten Etage noch ausreichend Platz für meinen kleinen Flitzer.
Und die Stadt war voll! VOLL! Umso mehr mag ich es, wenn die Leute nicht gestresst reagieren, sondern man einander anlächelt, während man einander den Weg freimacht.
Und da saßen sie überall: die Männer mit hängenden, wie versteinerten Gesichtszügen, überall, wirklich, die saßen überall - und warteten auf ihre Frauen. Da musste ich dann doch in mich hineinlachen: "Der kleine Robert möchte jetzt bitte endlich aus der Spieleabteilung abgeholt werden!"
In solchen Fällen, wenn die Schlangen vor den Anproben so lang sind wie früher, wenn es Bananen zu kaufen gab, verlasse ich mich reinweg auf mein Augenmaß und probiere zu Hause.
Ich bin ja in dieser Hinsicht auch eher ein "Effekt-Käufer": Was mir spontan ins Auge fällt, wird auch gekauft. Wenn ich es mir erst schönreden müsste im Sinne von "passt zu dem oder dem", kann ichs lassen, dann wirds ein Schrankhüter.
Bei diesem Kleid hier wars ein Spontankauf - aber ein wohlüberlegter: Dass ich mir dieses Kleid getreu meinem Augenmaß drei (!) Nummern kleiner (!!!) kaufen musste, habe ich nicht bereut: Es passt immer noch wie angegossen, so obenrum und so; allerdings musste ich zu Hause vor dem Spiegel auch wirklich lachen, weil ich mich bei meinem eigenen Anblick fühlte wie ein orangefarbener Knallbonbon. Nicht so sehr der Farbe wegen, die passt auch mit dem Golddetail am Hals perfekt zu meiner Haut. Aber es ist... weit! Richtig weit! Vermutlich könnte ich Drillinge erwarten, und es wäre nicht zwingend sichtbar. Hm. Und es ist auch länger als auf diesem Foto. Ich bin ja nun wirklich nicht klein mit meinen fast 178 Zentimetern ohne Schuhe, und dass die meisten meiner Babies Minimum 8 Zentimeter haben, ist für ein solches Kleid eher auch... eher zuträglich. Für kleine, zarte Frauen ist dieses Kleid also vermutlich eher.. nicht gemacht: Kleid frisst Frau.
Was nun also tun? Behalten oder doch wieder zurückgeben? 27 Tage darf ich noch darüber nachdenken bzw. die gelben Seiten nach ihrer Meinung befragen.
Aber dieser Stoff... Ich finde den so unglaublich sexy! So leicht und zart, dass man durch ihn hindurch die Wärme der Haut fühlt... Überhaupt mag ich so zarte Kleidchen wahnsinnig gern. Ich finde sie perfekt für Abende im Weinlokal, zusammengestecktes Haar, dezent geschminkt, gebräunte Haut... Viel mehr braucht es nicht, um sich richtig FRAU zu fühlen....
Ich glaube, ich behalte es doch.

Samstag, 14. Juni 2014

Warum denn in die Ferne schweifen, wo das Gute liegt so nah

Na ja oder so ähnlich heißts doch wohl.
Ich hab heut Morgen - beim Zubereiten meines ich-begrüße-den-Tag-Kaffees - meine langgesuchte CD "Eleven" von Bryan Adams wiedergefunden. Zu meiner Schande muss ich gestehen: Die lag eigentlich... ganz zuoberst auf einem Stapel. Fragt nicht, wieso ich sie dann nicht gefunden habe - ich kann das echt nicht beantworten. Möglicherweise sollte mir dieser Anflug von.. äh.. Alltagsblindheit? zu denken geben. Tut es aber nicht. Ich habe die CD eingelegt, den Lieblingstitel auf Dauerrepeat gestellt und mich ganz vergnügt in Kissen und Decke zurückgezogen.
Es ist Wochenende, da lasse ich mich prinzipiell durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen. Stress & Co. gibt es unter der Woche genug, so dass ich mir angewöhnt habe, das Wochenende nicht betont geruhsam, aber doch in meiner typisch nordischen Mentalität anzugehen. Und in der Regel auch so zu beenden.
Ja aber was mir heute Morgen beim Wiederfinden jener CD so durch die Sinne ging... Da liegen die Dinge ganz offensichtlich vor dir - und du siehst sie dennoch nicht. Dieser berühmte Wald vor lauter Bäumen und ähnliches.
Wie eben auch mit der Jugend: Junior I wollte immer eine eigene Wohnung oder wenigstens in eine WG - und hat sich dieses Vorhaben vom Vater immer wieder ausreden lassen mit der Begründung: "Das kannst du doch eh alles nicht bezahlen" (Ich muss diese Anmerkung jetzt liefern: Das hat der Vater ihm so lange ausgeredet, wie er das Kindergeld für den Jungen bezog, nämlich bis September letzten Jahres.) Und Junior II wollte seit der Entscheidung, dass ich hier fortgehe, eine eigene Wohnung für sich allein. Nur zur Konsequenz dessen, sich dann auch um einen Nebenjob zu bemühen, konnte er sich bis dato nicht aufraffen. Wo ich mich schon dazu gezwungen sah, die Zahlung des Kindergeldes an ihn wieder einzustellen und dieses Geld für Mietkaution etc. zu sparen, damit am Ende nicht wieder alles an mir hängenbliebe und ich der Jugend vermittelte: "Die Mama wirds schon richten."
Doch dann... Wie auch immer mir das gelungen war (ich nehme an, die Argumente waren handfest genug, wasserdicht und so), jedenfalls konnte ich beide Jungen dann doch noch davon überzeugen, dass sie beide aus unserer Wohnung ihre WG machen. Selbst die Raumaufteilung war für beide kein Thema - man(n) einigte sich kurz und knapp: "Ich das Zimmer mit dem Balkon." - "OK, wenn du meinst."
Und ich spürte, wie leicht mir irgendwie zumute wurde. Nicht nur, dass mir eine Unmenge an Aufwand, weiteren Besichtigungsterminen, nicht zuletzt auch Geld erspart wird - irgendwie... gefällt es vor allem meinem Bauchgefühl, meine Jungs beieinander zu wissen, in einem Zuhause, das ihnen vertraut und bekannt ist.
Wir haben das - zugegebenermaßen - schon vor etwa vier Wochen entschieden: Ende Mai hätte ich meine Wohnung kündigen müssen. Mir aber wurde das Pflaster zu heiß, dass Junior sich immer noch nicht um einen richtigen Nebenjob gekümmert hatte (Gelegenheitsjobs wie die in der Disko sind sicherlich rentabel, mir aber zu unsicher, um jeden Monat die Kosten für das Alleinleben zu decken. Und ich sehe nun so gar nicht ein, dass ich auch das noch dem Filius finanziere.) - und so legten wir noch einmal Pro und Contra auf den Tisch, auch in Zahlen, und schon stimmte Junior II einer WG mit dem Bruder zu.
Inzwischen fragt er sich schon auch, wie sich das denn überhaupt gestalten soll, wie viel Geld man für Essen, Trinken etc. braucht, wer was kocht, wer bügelt - wie überhaupt alles werden soll - und ich musste schmunzeln: Na endlich machen sie sich mal diese Gedanken.
Eine Umstellung wird es ohnehin für beide. Meine seit Monaten sich wiederholende Aussage: "Ihr werdet schon noch lernen, was es bedeutet, wenn ihr euch nachher um alles allein kümmern müsst" - wenn wieder stereotypes Gemaule bei meiner Erinnerung an haushaltliche und sonstige Pflichten auftrat - scheint nun endgültig auch Platz im Kopf der beiden gefunden zu haben. Nachhaltigen Platz.
"Ich schlage vor, ihr macht euch einen Plan, wer was pro Woche zu erledigen hat", antwortete ich auf Juniors Frage, "so wie das in jeder WG gemacht wird. Wer macht was, wer ist verantwortlich für dies und jenes. Wenn ihr wollt, richtet ihr euch eine Haushaltskasse ein, wo ihr jeden Monat einen Betrag X reintut und der muss dann reichen. Und um zu sehen, was ihr braucht, könnt ihr ja in den nächsten Wochen euren Einkauf erledigen. Gemeinsam. Dann seht ihr auch gleich, was es kostet, das Leben." Junior II wurde immer stiller, seine Augen dafür immer größer.
"Dann", fuhr ich ungerührt fort, "erinnere ich nochmals an das kleine Buch, das ich dir schenkte, und in dem du alle Rezepte eintragen wolltest von dem, was du in diesen Wochen zubereiten lernst. Ich lasse auch keine Ausrede mehr gelten von wegen: keine Zeit, muss zum Sport, muss dies, muss das. Der August ist schnell da, und dann bin ich weg."
Er schaute mich an. "Ach.. Im August erst?"
Ich schaute ihn an. Erwog kurz, ihn zur Adoption freizugeben.
"Könntest du nicht schon jetzt ausziehen? Also ich meine, in ein Hotel? Dann probieren wir, wie das hier geht, und du bist trotzdem immer noch in der Nähe, wenn was ist."
An dieser Stelle habe ich herzlich gelacht. Ich denke, als Antwort hatte das vollkommen ausgereicht.

Huch, schon halb zwei. Ich denke, es ist Zeit, sich aus den Kissen zu schälen und einen Bummel durch die City zu wagen. Die Hitze der letzten Tage hat spürbar nachgelassen und irgendwie... ziehts mich grad nach draußen. Unter Menschen. Ich liebe das so, das Eintauchen in eine fremde Menschenmenge, mich irgendwo hinzusetzen, etwas zu trinken, die Sonnenbrille zurechtzurücken, vielleicht etwas zu lesen und vor allem aber dem Trubel zuzusehen. Den Geruch nach Kaffee und Pasta von links, den Geruch nach gerösteten Mandeln und ähnlichem von rechts. Und mittendrin... ich. Entspannt. Sehr entspannt. Gelöst. Frei.

Freitag, 13. Juni 2014

Die Frau mit dem roten Kleid...

...hat ihr Wochenende begonnen - ganz allein, und nach all den Wochen und Monaten, die sie kaum mehr für sich ganz allein sein konnte, genießt diesen Abend umso mehr, dreht die Musik auf, liegt hier in ihrem roten Kleid oder tanzt barfuss über den Holzfußboden, das Glas Wein in der Hand...


...im Wein liegt die Kraft, sich so federleicht zu fühlen wie sonst nicht... das Blut überdeutlich pulsieren zu fühlen, den Herzschlag überdeutlich zu fühlen und jeglichen Schmerz irgendwohin zu verdrängen...
Nein, ich habe kein Alkoholproblem *kicher*
Ich hab heut Abend den Rest des Weins getrunken, den ich schon vor einiger Zeit geöffnet hatte und bei dem ich irgendwie nicht dazu kam, ihn auszutrinken.

Bis heut Abend... Heut Abend, nachdem die Jugend gemeinschaftlich das Haus verlassen hatte, zog ich mir eben dieses rote Kleid an (ja Alex, das Bild kommt noch, aber es war... irgendwie schon zu dunkel für ein Foto, auf dem man auch was erkennen kann), schenkte mir eben diesen Rest vom Wein ein, legte die Musik auf.. und dann tanzte ich... So leichtfüßig und wie selbstvergessen...

Ich liebe diese Momente... Ich liebe es, wenn sich alles so leicht und wunderbar anfühlt, die Gedanken durch den Kopf treiben, die Phantasie bunte Seifenblasen sprüht und ich hier liege, die Arme ausbreite, die Augen schließe, das Kleid auf der Haut fühle wie eine zweite Haut... und da ist sie, die Gier nach dem Leben. Nach allem, das dieses Leben so lebenswert macht; nach allem, das dieses Leben so wunderbar macht.


"...I feel so naked... I feel so totally exposed..."

Weil....



...es zu warm ist.
...ich keine Lust zum Arbeiten hab und es trotzdem tu.
...ich mit meinen Gedanken gerade irgendwo am Meer bin, nackt im Sand, frei wie ein Vogel!
...ich noch vier Stunden hier im Büro hocke und Motivation benötige, durchzuhalten.
...der verdammte Kaffee schon wieder alle ist.
...mir heut der Schalk im.. äh.. Nacken sitzt. (Wieso heute?)
...das Wochenende vor der Türe steht und der Prosecco schon im Eisfach kühlt.

Summer of 69 habe ich schon geliebt, bevor ich es mit mir assoziierte - Geburtssommer und so ;)
Immer geliebt, niemals übergehört - und solange Chef noch nicht zurück ist, reiße ich auf, singe ich, erledige das bisschen "Haushalt" wie nebenbei und nachher gibt es Erdbeertorte zum Mittag.
YEAH!

Mittwoch, 11. Juni 2014

Long Island Medium

Wenn ich die nicht so geliebten Hausarbeiten erledige - wie zum Beispiel Bügeln - dann schalte ich oft dazu den Fernseher an. (Jetzt hab ich ja wieder einen bzw. einen noch etwas größeren, nachdem Junior I mir den Vorgänger zu Boden warf "Bitte glaub mir, ich weiß überhaupt nicht, wie mir das passieren konnte!" Mein Bruchvogel! Langeweile bei Ziggenheimers? Frühestens, wenn ich ausgezogen bin. "Wann eigentlich?" hat mich Junior II gestern gefragt und ich sagte "Mitte August, wenn mein Urlaub reicht." - "Waaas? Sooo lange noch? Ich will dein Zimmer!" Ja, ich hab dich auch lieb! Aber ich schweife schon wieder ab!)
Jedenfalls - damit die Bügelarbeit nicht ganz so stupide wird, schaue ich nebenbei fern.
Und irgendwann begegnete mir dabei diese Sendung "Long Island Medium".
Ein Thema, vermutlich so alt wie die Angst der Menschen vor dem Tod. Dem Nichtmehrsein.
Die realistischen Biologen und Chemiker sagen: "Alles nur Illusion, alles nur der ganz normale Ablauf biochemischer Vorgänge." So wie sie ja auch die Liebe erklären.
Die Träumer sagen: "Es gibt ganz bestimmt ein Leben nach dem Tod - irgendwas ist es, das bleibt."
Die Ängstlichen sagen: "Ich will nicht eines Tages 'nicht mehr sein, nicht irgendwo vergraben liegen und vor mich hinmodern.'"

Wenn es sie tatsächlich gibt, diese andere Seite, dann werden wir es erst wissen, wenn wir dort angekommen sind - nur können wir es denen, die hiergeblieben sind, dann nicht mehr sagen. Grad denke ich an den Film "Flatliners", dieser schmale Grat zwischen Leben und Tod, die Neugier des Menschen, einen Blick hinter diese Linie werfen zu können, nur um zu sehen, ob es da wirklich noch etwas gibt - und wenn ja, was das ist...

Ich persönlich glaube daran, dass es weitaus mehr Dinge zwischen Himmel & Erde gibt, die wir nicht logisch erklären können - und die dennoch passieren. Die passiert sind. Aber ich halte mich für jemanden, der nicht an Schicksal glaubt und auch nicht an Vorbestimmung. Ich weiß auch nicht, ob ich an die Rückführung glauben soll: Vielleicht ist das ja eher gleich dem Träumen, dass wir uns sehen, aber dass trotzdem das, was wir sehen, eher eine Symbolik darstellt? Vergrabene, verschüttete Ängste, Gedanken, Gefühle, die wir so weit in unser Bewusstsein zurückgedrängt haben, dass wir sie nicht mehr wahrnehmen - aber sie sind dennoch da und je nach den Erlebnissen des Tages kehren sie nachts, wenn wir schlafen, wieder zurück?
Als Kind habe ich nachts sehr viel und sehr lebhaft geträumt und bin nicht selten mit Herzklopfen erwacht.
Als Erwachsene gab es Phasen, in denen ich meinte, nachts gar nicht mehr zu träumen - und wenn doch, dann träume ich fast immer in schwarz-weiß. Oder vergesse ich es nur? Dränge ich zurück ins Bewusstsein, was ich nicht wahrhaben will, woran ich nicht denken und was ich nicht fühlen will, sobald ich morgens die Augen aufschlage?
Das Thema ist so komplex und dennoch so faszinierend - und ich würde es so irrsinnig gern erforschen, ergründen, eintauchen, verstehen. Was ist Fiktion, was ist Realität? Was ist Wunschgedanke, was nicht?
Was ist es, das bleibt, wenn wir gehen?

....nur diesem blondierten Medium von Long Island glaube ich kein einziges Wort. Nach der zweiten, dritten Bügelattacke ist mir aufgefallen, dass sie mehr erfragt als dass sie etwas sagt. Und die Fragen, die sie stellt, stellt sie immer in einer Gruppe: Einen darunter wird es immer geben, der sagt: "Ja so ist das bei mir."
Ihre Fragen sind viel zu allgemein, viel zu wenig tiefgründig, viel zu wenig persönlich:  Sie redet viel - und sagt irgendwie nichts...
Ich finde das sehr schade für jene, die so gern einfach nur an etwas glauben möchten.

Zurückversetzt



...in die Zeit, als ich noch richtig jung war - so fühle ich mich bei diesem Song aus eben diesem wunderbaren Film.
Ich sehe mich, als ich 16 oder 17 war. Wie ich mich abends stundenlang zurechtmachte, um irgendwann auszugehen. An diesen Abenden wurde nichts gegessen, damit der Bauch schön flach blieb. Die Haare gelockt und toupiert, die Augen betont, der Mund geschminkt, Ketten, Ringe, Ohrringe - hach ja,  the good old eighties. (Heute bevorzuge ich übrigens wenig Schmuck, Tannenbaum war gestern ;))
Die aufgeheizte Luft, die aufgeheizte Stimmung in der viel zu kleinen Diskothek, deren Namen ich nicht mehr weiß,  auf der viel zu kleinen Tanzfläche. Kaugummikauend vor dem Spiegel stehen und den Lidstrich nachziehen, den Lippenstift auffrischen, die erhitzten Wangen, die glänzenden Augen. Der erste Alkohol, der mir nicht mal schmeckte. Bunte Lichter flirren über die Menschen, der Boden vibriert. Die erste Zigarette, die ich nicht zuende rauchte und auch nie wieder versuchte. 
Die erste große Liebe, die man nie vergisst - ein Junge aus der Nachbarschule. Da war ich 15 und zu mehr als einem schüchternen Kuss hat es nie gereicht. Ich habe ihn auch nie wiedergesehen oder von ihm gehört. 
Life goes on.
Ausgehen. Eintauchen. Tanzen. Singen. Ausgelassen sein. Wenigstens für die paar Stunden nichts denken, fühlen, einfach nur... ausgelassen sein...
"Komm nicht erst null Uhr nach Hause", musste ich so lange versprechen, wie ich noch keine 18 war. Ich bin nie eher zu Hause gewesen.
Der erste Junge, der bei uns am Tisch stand und um einen Tanz bat. Ja, damals war das noch so - und er war schön, der Moment, als mir dämmerte: "Huch, der meint ja mich?!"
Peter hieß er, glaub ich. Schlimm, dass ich das nicht mehr sicher weiß - immerhin gingen wir anschließend ein paar Wochen miteinander. 
Später der Medizinstudent, der angehende Chirurg, der mich nachts nach Hause brachte und mich vor der Haustür in die Arme nahm: "Auf der ganzen Insel gibt es nur zwei Frauen, die ich will. Die [Name vergessen, ehrlich] oder dich."
Fail, Christian - falls Du das hier je lesen solltest :)

Wenn ich heute Abend diese Musik höre, ist mir... ganz unbedingt nach Zurechtmachen. Das Haar. Die Augen. Den Mund. Ausgehen. Eintauchen. Ausgelassen sein. Etwas trinken. Nicht irgendwo an der Bar hocken und warten, dass man angesprochen wird. Nein - unter die Menge mischen und die Nacht durchtanzen, barfuss nach Hause laufen, die hochhackigen Sandaletten an der Hand schlenkern, ein Lied summen, kichern, weil der Schlüssel partout nicht ins Schloss will...

Ich will nicht wieder 17 sein. Aber ich will... dieses Gefühl von damals haben. Auskosten. Ausleben. 

"Life may not begin at 40 - but it doesn't have to end!"
yeah!


Sonntag, 8. Juni 2014

Zwischen Innen und außen


  

"Dort, wo ich herkomm, halt ich es nie lange aus.
Und wenn ich dann fort bin, denk ich immer an zu Haus
...
Ich will dich neben mir seh'n
und ich will allein und frei geh'n..."

Irgendwie ist es immer wieder faszinierend für mich, wie man als so junger Mensch schon solche Texte schreiben kann. So eine Musik machen kann. Ich glaubte immer, dass man für solche Empfindungen auch erst... jene Erlebnisse gehabt haben muss, die so unendlich weh tun und die einen aber am meisten nach vorn bringen. Oder hat der Poisel das selbst gesehen und erfahren? So jung, wie er noch ist?
Natürlich kann er das. Denn nicht jedem Zwanzig-, Fünfundzwanzigjährigen hängt der Himmel ausschließlich voller Geigen.
Morgen fahre ich wieder nach Hause. Ich fahr immer wieder nach Hause, um immer wieder hierher zurückzukehren. Und um eines Tages hierzubleiben.
Für immer, sagt das Herz.
Für ein halbes Jahr, sagen die anderen - und schließen bereits Wetten ab. Ich habe gelacht, als ich davon hörte. Ich möchte nicht für immer hier bleiben. Eines Tages, das hat er mir versprochen, werden wir am Meer leben. 
Eines Tages.
Was wissen wir, was eines Tages sein wird?
Der Opa hat mit 90 Jahren die vierte Frau kennen gelernt. In mir eingeprägt ist immer noch dieses Bild: Er im Sonntagsanzug, sie im bunten Sommerkleid, der weißen Strickjacke und den weißen Sandalen, und sie halten einander sorgsam an den Händen, als sie vor uns das Lokal verlassen. 
So möchte ich es eines Tages auch haben. Jeden Samstag im Sommer die Enten am Teich besuchen, zum Beispiel. Und wenn der Herbst kommt, dann ziehen wir uns die groben Strickjacken an. 
Ich bin verrückt nach Strickjacken. Ich liebe sie. So wie andere Frauen Handtaschen und Schuhe lieben. 

Seit ungefähr zwei Monaten ist der Opa im Pflegeheim. Inzwischen weiß er nicht mehr, dass er überhaupt eine Freundin hat. Er erkennt sie nicht mehr und weiß auch nicht mehr, wer sie ist.
Sie liegt seit einigen Tagen im Krankenhaus, die Diagnose: Lungenkrebs. Mit 89 Jahren. Sie hat nie im Leben geraucht.
Ob sich die beiden noch einmal wiedersehen können? Niemand weiß es. 
Sie will die Chemo wagen, sie will es versuchen, für sich selbst. Sie ist ein positiver Mensch, offen für das Leben. Sie gibt nicht einfach so auf.
"Wenn du kämpfst, kannst du verlieren. Wenn du nicht kämpfst, hast du vielleicht schon verloren."

Einfach aufgeben war meine Sache noch nie. Nicht einfach so. Nur wenn du selber fühlst, dass etwas vorbei ist, dann ist es auch wirklich vorbei.
Aber ich glaube, ich habe mir zu wenig Zeit zum Genießen genommen. Zum wirklichen Genießen - so von innen und außen. Das zu genießen, was ich jetzt schon habe und was mir das Leben jeden einzelnen Tag schenkt. Der Mensch neigt wohl dazu, das Angenehme als (zu) selbstverständlich vorauszusetzen; es ist eben da, und dann denkt er nicht darüber nach, wie lange noch. Ich will das so nicht, ich will so nicht sein. Ich möcht ein kleines bisschen mehr... vom Leben. Und ich fange heute damit an.

Samstag, 7. Juni 2014

Ein Jahr älter und vielleicht kein bisschen weiser


  

Heute bin ich ein Jahr älter geworden.
Die größte und wunderbarste Überraschung war für mich diese LP von Poisels Projekt Seerosenteich. Eine Überraschung nicht nur, weil die gelben Seiten diese Musik so überhaupt nicht mögen. Eine Überraschung auch deshalb, weil ich selbst nicht mal einen Plattenspieler besitze.
Doch die gelben Seiten besitzen einen - und in gut drei Monaten werde ich hier ohnehin mit ihm leben. Werde wie jetzt hier liegen, entspannt, den Blick vor mir auf den Monitor gerichtet oder auch zum Fenster hinaus, auf den Oleander und die Sonnenblumen, auf das wuchernde Grün in den Blumenkästen - und über all dem spannt sich der verblassende Frühsommerhimmel mit der untergehenden Sonne...
Ich kann Poisels Musik nicht immer und nicht in jeder Situation hören - aber für solch milde Sommerabende, die die Hitze des Tages noch erahnen lassen, sind sie wie gemacht. So wie für die Herbstabende, wenn draußen sich das Laub golden färbt und von den Ästen gewirbelt wird...

In den letzten Tagen bin ich nicht zum Schreiben gekommen, auch nicht wirklich zum Lesen. Nur weniges habe ich gelesen und hier und da kommentiert, mir an anderen Stellen einen Kommentar geschenkt. Geschmunzelt über Lustiges hier und da, nachgedacht über Bewegendes oder auch in Gedanken den Kopf geschüttelt über hitzige Debatten, die das Leben bzw. die Welt seiner Gedanken eines Schreibenden, der im Grunde ein Fremder ist und bleibt, auslösen.
Warum lese ich andere Blogs?
Weil ich Anteil nehme - solchen oder solchen. Ich tauche mit ein, lasse auf mich wirken und ziehe weiter, in meinem Gepäck etwas von hier und da, vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Meine Lieblingsblogs sind nur jene, von denen ich mir vorstellen könnte, mit  dem oder der einen und anderen auch mal eine Nacht lang zu philosophieren oder einfach nur einen interessanten Abend zu verbringen. Irgendetwas an ihnen fasziniert mich, so oder so, und ihr Leben zu be- oder gar zu verurteilen steht mir nicht zu und will ich mir auch nicht anmaßen.
Wer kann schon von sich behaupten, dass er immer ein guter Mensch war? Dass er immer alles richtig gemacht und niemals jemanden verletzt hat? Wer kann schon von sich behaupten, dass er immer den geradlinigen Weg gegangen ist?
Ich von mir nicht - weiß Gott nicht.
In den letzten Tagen, als der Alltag mich völlig ergriffen hatte und mir kaum mehr Zeit für mich selbst blieb außer in jenen kurzen Momenten zwischen zur Ruhe kommen und in den Nachtschlaf finden, da habe ich oft Musik gehört, streichelzarte Musik für die Seele, und ich konnte körperlich spüren, wie ich mich beruhigte. Ich fühlte mich wie das Meer.. soeben noch mit tosenden Wellen, dem unverkennbaren Rauschen und den weißen Schaumkronen, die so herrlich auf der Haut prickeln - um dann immer ruhiger zu werden, bis sich am Ende nur noch zarte Kreise auf der Wasseroberfläche zeichnen...
Ich bin nun ein Jahr älter geworden und trinke soeben den vorletzten Schluck Sekt aus und frage mich, ob ich etwas anders gemacht hätte in meinem Leben und was ich vielleicht gerne nicht erlebt hätte.
Aber so ist es, das Leben, du bewegst dich darin und manchmal weißt du erst hinterher, dass der eine oder andere Weg kein guter war. Ungeachtet dessen habe ich unglaublich viel Glück gehabt in meinem Leben, vielleicht mehr als ich verdiente.
Heute habe ich den ganzen Tag über mein langes rotes Kleid getragen. Wir haben in Straßencafes gesessen und etwas gegessen, getrunken, anderen Menschen zugesehen. Mit den Blumen in der Hand sind wir durch die Straßen gelaufen und die Sonne brannte auf der nackten Haut.
Ich hab mich nicht gefühlt wie ein Geburtstagskind, aber ich hab mich irgendwie... wunderbar gefühlt.
Vermutlich würde ich fast alles wieder so machen, weil Leben eben Leben ist - und keine vorgezeichnete Projektion. Und hätte ich immer alles richtig gemacht, dann wäre ich wohl nicht heute da, wo ich gerade stehe. Und ich möchte aber verdammt noch mal hier stehen.
Und jetzt nehme ich den letzten Schluck aus dem Glas und stoße auf das Leben an. Prost.


Sonntag, 1. Juni 2014

Das Leben erwacht.. jeden Tag neu.

  

Man muss ihn gesehen haben, den Film, wenn man die Kraft, die Energie und diese pralle Lust am Leben nachvollziehen möchte. 
Leider finde ich keinen Trailer dazu. Es gibt wohl nur einen einzigen, und der bringt eben diese... Kraft einfach nicht zum Ausdruck - also schenke ich mir den hier und beschränke mich auf den Song...
"Schwedisch für Fortgeschrittene" - ich hätte diesen Titel überhaupt nicht mit der Handlung in Zusammenhang gebracht. Zwei Frauen, die eine - Polizistin - eigenen Angaben nach Witwe, die andere - Gynäkologin geschieden. Zwei Frauen, die sich zu Beginn des Films begegnen, als die eine der anderen einen Strafzettel wegen Falschparkens ausstellt. Man streitet sich, beschimpft sich, rennt auseinander - und dann passiert einer dieser Zufälle, die es einfach auch an jeder Ecke im realen Leben gibt: Die Polizistin geht nach 10 Jahren zum ersten Mal wieder zur Gynäkologin - und wer ist diese? Genau. Und diese Ärztin reagiert völlig anders, als man vielleicht annehmen würde: Sehr entspannt und auf ihre eigene Weise auch sehr einfühlsam. 
Das war der erste Moment, der mich irgendwie.. doch sehr berührte. Warum, das kann ich noch gar nicht so genau in Worte fassen. (Man muss vielleicht auch nicht alles verstehen, manchmal reichts wohl auch, dass man etwas fühlt und empfindet.)
Beide Frauen freunden sich an. Beginnen miteinander auszugehen, rocken die Disko (daher obiger Song - und der platzt beinah vor Lebenslust, jedenfalls habe ich das zunächst so empfunden), trinken zuweilen auch zuviel. 
Zur Gynäkologin kommt der Ex-Mann reumütig zurück: All seine Frauengeschichten haben nie etwas bedeutet, er will nur sie, nur die eine. 
Zur Polizistin kommt der Ex-Mann reumütig zurück: Diese eine Frauengeschichte hat ihm nichts bedeutet, er hat sich getrennt, er möchte seine Frau zurück. Nach zehn Jahren.
Denn was ihre neue Freundin erst jetzt erfährt: Ihr Mann ist nicht wirklich tot, aber er war symbolisch tot. 
Und während die Gynäkologin klar und straight ist ihrem Mann und ihrem Sohn gegenüber: "Das Leben ist zu schade, um es mit dem Falschen zu verbringen. Es geht nämlich nicht um dich, es geht um mich. Es geht ganz allein nur um mich", verliert sich die Polizistin zunächst in ihrer Unsicherheit: Soll sie mit ihrem Mann neu beginnen oder nicht?

Eine wunderbare Geschichte, wie ich finde, um zwei Frauen an einem Punkt in ihrem Leben, die eine freiwillig, die andere unfreiwillig, und beide haben den Beginn ihres anderen Lebens auf ihre Weise umgesetzt. In der einen erwacht das Leben, die Lust am Leben, die Lust am  frei sein, der Geschmack von Himmel & Erde, der Geschmack von Freiheit auf der Zunge, die andere hängt irgendwo dazwischen. Zwischen dem alten und dem neuen Leben hängt sie fest, erstarrt, resigniert, abgeschlossen - und dann erwacht sie...

Dieser Film hat vieles in mir wachgerufen. Oder soll ich eher sagen: in Erinnerung gerufen... Denn vergessen kann man solche Momente in seinem Leben nicht, niemals. Wie heute weiß ich noch sehr genau, als ich entschied, meine Ehe zu beenden. Warum und wieso, das ist gar nicht das Thema. Nicht jetzt. Ich wusste nur eines ganz genau: Ich entschied diesen Schritt ganz allein für mich selbst. Nicht ohne Rücksicht auf Verluste, weiß Gott nicht. Aber ich entschied und rückte anschließend auch keinen einzigen Millimeter mehr zurück. Das Schlimmste ist eigentlich.. die Überwindung zu diesem Schritt: es auszusprechen. Die Angst vor diesem Schritt, die Angst vor dem, was man damit provozieren könnte. Zu sagen, dass es keinen Sinn mehr macht, dass es im Grunde nie Sinn gemacht hatte und dass es längst an der Zeit war, diese Entscheidung zu treffen. Ich habe mich nicht für einen anderen Mann entschieden. Ich habe für mich selbst entschieden und so ewig lange ich für diese Entscheidung auch gebraucht hatte - so sicher war ich mir vom ersten Moment an: Es ist die richtige.
Natürlich war ich nicht sofort in der Lage, diesen neuen Zustand auch zu erfassen, zu fühlen - zu vieles musste erst durchgestanden und geregelt werden. Dennoch werde ich sie nie niemals vergessen: die ersten Mainächte danach, die ersten Sommernächte, in denen eine Freundin und ich durch die Diskotheken tingelten, uns in der Karaoke-Bar die Seele aus dem Leib sangen und uns ausschütteten vor Lachen. Das war ein Gefühl wie... tagsüber im Büro zu sitzen mit Rock & Bluse und zusammengestecktem Haar - und nachts eben diesen Haarknoten zu lösen, von der Bluse zwei Knöpfe mehr zu öffnen, aus den High Heels zu schlüpfen und barfuss durch den Regen zu tanzen.... Unangepasst sein, aus dem Rahmen fallen, in den man dich gepresst hat, tauch unter all die Schichten und finde dich.. Dich selbst.
Es gab wesentlich mehr Nächte, in denen ich hemmungslos weinte - doch umso intensiver erlebe ich noch jetzt im Nachhinein, wie prall sich diese durchtanzten Nächte anfühlten... Eben dieser Geschmack von Freiheit... Von Leben. Die Welt steht dir offen, alles ist möglich, jeden Tag, jede Nacht, komm und greif danach... Du brauchst niemanden, der dir die Sterne vom Himmel holt - das kannst du ganz allein. Du möchtest sie nur jemandem zeigen und dich mit jemandem freuen... Und ich bin mir immer noch sicher, dass niemand, wirklich niemand allein leben wird, der es nicht will. Ich weiß nicht, was mich so sicher darin macht. Aber ich weiß einfach, dass es so ist. 
Umso tiefer treffen mich solche Momente wie gestern im Supermarkt... Vor uns eine Familie. Mann, Frau und zwei kleine Mädchen. Diese Frau... das Tuch um den Kopf gewunden, ihr Gesicht unglaublich bleich, keine Wimpern, keine Augenbrauen, die Arme wie zum Schutz um den Leib gelegt und der Schmerz stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. 
Ich kann es nicht beschreiben... Ich sah sie, ich sah ihr ins Gesicht und fast sofort hätte ich weinen mögen. Und ich weiß nicht mal wieso, nicht warum. Da ist ein Mensch, der dir völlig fremd ist; der Mann kauft schweigend ein, die Mädchen springen um den Korb herum und da steht diese Frau... diese junge Mutter...
Der Mensch hat Raketen erfunden, mit denen er das All entdeckt.
Der Mensch hat das Atom entdeckt und sogar, wie er es spalten kann.
Der Mensch hat die Computertechnik erfunden - und das Internet dazu.
Der Mensch kann so vieles, er weiß so vieles.
Anstatt dies für sich und die Welt zu verwenden, rennt er los, will alles Fremde besitzen, sich unrechtmäßig aneignen, führt sinnlose Kriege, zerstört sich und die Welt... Anstatt das Potential zu nutzen, endlich etwas gegen diesen verdammten scheiß Krebs zu finden. Kein Geld mehr für Waffen, kein Geld mehr für Raketen und Kriege - aber Geld für die Forschung. Bevor der Mensch sich selbst völlig zugrunde richtet - und die Welt mit dazu. Hätte ich einen einzigen Wunsch im Leben frei, würde ich mir genau das wünschen. Von ganzem Herzen.