Mittwoch, 2. Mai 2012

Wer schön sein will, muss leiden

Und da bin ich nun wieder zu Hause gelandet, na ja, letzte Nacht schon, und zur Einstimmung gabs erst mal ein Donnerwetter im Hause Ziggenheimer: Nein, wilde Parties haben die Burschen nicht gefeiert, auch wenn sie nun die aller-allerletzten Biervorräte vernichtet hatten. Immerhin hatten sie maximal zu dritt in meiner kleinen Burg gefeiert, dass aber der Dritte im Bunde in meinem, ja wirklich in MEINEM Bett genächtigt hatte - das war zuviel für mich.
Ich glaub schon, dass ich ziemlich tolerant bin und nicht selten muss ich mir vorwerfen lassen, ich sei zu nachsichtig mit meinen Jungs. Aber auch ich kann manchmal ziemlich streng und sogar auch verdammt autoritär sein - auch wenns mir keiner zutraut.
Und so erstarb Juniors Wiedersehensfreude mit dem Moment, in dem mir meine Haare bis zur Zimmerdecke standen, die Augen Feuer spiehn und Blitze durch das Zimmer zuckten.
Mal abgesehen davon, dass nur ich ganz allein bestimme, ob und wer in meinem Bett schläft, empfand ich es einfach als Eindringen in meine ganz persönliche Privatsphäre und nachdem Junior zu Bett geschlichen war (in sein eigenes übrigens), stand ich noch morgens um halb ein Uhr in meinem Zimmer und bezog mein Bett neu.
Heute Morgen dann war jeglicher Groll und Ärger verflogen, erhellte auch die herrliche Morgensonne zusätzlich noch unser Gemüt und so gestand ich Junior zu: "Heute Abend Abend machen wir Wellness." So richtig schön mit allem Drum & Dran; Haut, Haare & Nägel.
Ich mein, angesichts der jüngsten Verwöhnkur musste ich im Inneren ganz unwillkürlich wieder einmal zugeben, wie viel Zeit man mit allen möglichen Dingen zubringt - und wie wenig man sich selbst dabei gönnt. Alles muss irgendwie immer ratzfatz gehen, maximalste Erfolge mit minimalstem Aufwand - ein Fluid für die Haut zum Beispiel, fünf Komponenten in einem, Zeit ist doch so kostbar.... Dennoch: Musste ich wirklich erst beinah nun dreiundvierzig Jahre alt werden, um zum ersten Mal den Weg zu einer echten Kosmetikerin finden? (Na ja, ich hielt diese Investition irgendwie immer für sinnlos, immerhin kann man das doch alles auch selbst?) Und dann eben zu erkennen: Man kann alles eben nicht selber machen. Oder von mir aus auch: ICH kann nicht alles selber machen. Vermutlich bin ich einfach zu ungeduldig, wenn es um mich selber geht. Die Zeit, die ich für andere(s) aufwende, muss ich an mir sparen - oder aber den lieben Gott um 48-Stunden-Tage anbetteln. (Bevor das passiert, sperrt mich lieber weg.)
Jedenfalls - ich habs genossen, diesen Nachmittag in der Kosmetik, aber sowas von!
Heutzutage ist ja eine Kosmetikerin nicht einfach nur noch eine Kosmetikerin, die die Haut von allem möglichen und unmöglichen befreit, deren angenehm kühle glatte Hände mein Gesicht bis hinunter zum Dekollete salben und pflegen, die die Augenbrauen nachkorrigiert und mich glauben lässt, heute sei ich die Prinzessin, nein, die ist heut auch noch auf mindestens fünf anderen Gebieten spezialisiert: Ich hatte das Glück, an jemanden zu geraten, die ausgebildete Reiki-Meisterin war. Dem Weihnachts-Gutschein sei Dank, gönnte ich mir neben der Gesichtsbehandlung eine "Ich mach dir deine Energie-Bahnen wieder frei"-Massage auf dem Rücken - und ja und was soll ich sagen... Irgendwann nach über zwei Stunden stieg ich von der Liege und trug ein Grinsen im Gesicht, das, so meine ich, wohl nicht ganz von dieser Welt schien. Ja gut, bitte sehr, vielleicht lags auch einfach an dem herrlich goldsonnigen Tag - aber diese Massage...
"Ihr Herzpunkt... alles ganz verkrampft, selbst die kleinen Zwischenräume, das fühlt sich an, als wäre das schon ganz viele Jahre so", sagte die Frau Meisterin und zur Antwort murmelte ich in den Zellstoff: "Bestimmt, aber machen Sie ruhig den Weg frei."
Wir öffnen Ihnen Horizonte.
Weiß nicht wieso, aber dieser Slogan kam mir in den Sinn, als ich anschließend unter dem intuitiv rot gewählten Licht lag, die Hände zufrieden auf dem Bauch gefaltet und mein Weg war frei für neue Energie. Und die reichte erst einmal für den schwungvollen Schritt zum Freisitz um die Ecke, wo ich mich genüßlich niederließ, ein Bein über das andere schlug, lächelnd die Welt eroberte und das erste Milchkäffchen des Tages in der wunderbaren Sonne genoss. Hach ja. Da gings mir so gut, aber so richtig gut.


Und so schlenderte und schlenkerte ich durch die Straßen, meine Lieblingsmucke in den Ohren, und ich fühlte mich so herrlich jung, beinah wieder wie ein Mädchen, und fast fühlte ich mich versucht, Kaugummi aufzublasen und Luftballons mit Herzenswünschen in den Himmel aufsteigen zu lassen. So ein bisschen Kind... steckt eben immer noch in mir. Bloß gut :)

Insofern also ließ ich mich heute Abend nur zu bereitwillig überreden, das Ziggenheimersche Equipment für Wellness & Schönheit bereitzulegen und nunmehr das Kind nach allen Regeln der gewünschten Kunst zu bearbeiten: kleine Schultermassage, Hautreinigung und das Korrigieren seiner Augenbrauen. Bisschen gemein lachen musste ich ja doch: Einem Zitteraal einen Lidstrich zu verpassen ist vermutlich einfacher als einem knapp Siebzehnjährigen ein paar überflüssige Augenbrauenhaare zu entfernen.
Aber wie sagte er doch so mutig zu Beginn der Prozedur: "Schönheit geht vor Schmerz." Ha ha!

Er jault seinen Schmerz nunmehr in die Kissen und ich - ich genieße das herrliche Frühsommergewitter nach der Glut des Tages! Na dann gute Nacht! :)

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