Dienstag, 15. März 2011

Wie ein Lampion in der Nacht

Als ich noch ein junger Mensch war, war ich vor allem eines: impulsiv, (vor)laut und frech.
Als ich mit meinen Jahren wuchs, legte ich zumindest diese Impulsivität ab und auch Töne wurden leiser.
Ums mal klarzustellen: Ich lache immer noch gern, ich lache immer noch gern laut und gehe dazu auch nicht erst in den Keller, und wo der eine pikiert meint: "Musst du gleich so laut sein?", empfindet es der andere als das pure Leben und ich selber... kümmer mich immer noch nicht darum, was irgendwelche Leute von mir denken, egal, ob sie jeden Tag mit mir leben und arbeiten (müssen), Wand an Wand mit mir wohnen (müssen) oder man lediglich im Supermarkt aneinander vorbeiläuft.
Insofern musste ich schon grinsen, als mir irgendwann einmal jemand einen Auszug aus der Beschreibung zu den im Sternzeichen Zwillinge Geborene schickte:
"Die allergrößte Macke: Zwillinge müssen sich um jeden Preis unter scheiden. Sie halten sich für die Nonkonfirmisten unter den Sternzeichen, tragen aberwitzige Klamotten, fahren die abseitigsten Automarken, verletzen jedwede noch so sinnvolle Regel und widersetzen sich prinzipiell allen Behörden und Autoritäten, nur um ihre Individualität kundzutun. 90% aller Zwillinge sterben im Straßenverkehr, weil sie über rote Ampeln brettern, um ihr ganz persönliches Verhältnis zur Straßenverkehrsordnung zum Ausdruck zu bringen." (Quelle: Eichborn-Verlag, Quatsch-Horoskop)
Ich muss bei diesen Worten übrigens grad an meine rote-Ampel-grüner-Abbiegepfeil-Nummer denken, zu der ich bis dato noch zu nix aufgefordert wurde. Während mein falsch-eingeordnet-und-über-rote-Ampel-gebretterter Skorpion(!)-Papa lediglich zehn Euro Strafe zahlen muss - fürs Wechseln auf die falsche Spur. Schwein muss der Mensch haben...
Sei es wie es sei: Zwar bin ich in vielerlei Hinsicht kein typischer Zwilling (dem Waage-Aszendenten sei - vermutlich - Dank), aber in manchen eben doch. Meine Überzeugung von gestern werfe ich schon heute mal eben über den Haufen; nicht weil ich das Mäntelchen nach dem Wind hänge, sondern weil ich heute Informationen bekomme, die ich gestern eben noch nicht hatte und die es mir erlauben, Ansichten neu zu definieren.
Und damit hätte ich jetzt die Überleitung vom gestrigen Schlusswort zum heutigen Blogeintrag, in dem ich mich nun doch zu ein paar Gedanken zur Japan-Katastrophe entschlossen habe.
In irgendeiner Nachrichtensendung zur aktuellen Situation befragt, gaben sich die meisten Japaner eher... entspannt und damit weitaus weniger hysterisch als es vermutlich in Deutschland der Fall gewesen wäre: "Was können wir denn schon tun? Wo sollen wir denn hin?"
Das ist genau der Punkt: Wo sollten sie denn hin, wenn ihnen der ganze atomare Scheiß um die Ohren fliegt? Nach Russland, nach Europa, nach Amerika auswandern? Dahin, wo ihnen auch nur ein laues atomares Lüftchen um die Nase weht? Auf eine einsame Insel in die Karibik, wo die nächste Tsunami-Welle heranrollt, weil die Rampensau Mensch die Welt in Aufruhr gebracht hat?
Insofern will ich den gestrigen Worten von Angie einfach Glauben schenken, wenn sie sagt: "Wir kippen jetzt unsere Vereinbarung von gestern..." (ist sie eigentlich auch Zwilling?) ..."und setzen die Laufzeitverlängerung für die nächsten drei Monate aus." Zur Prüfung freilich, ob und welches Kernkraftwerk auch danach noch fleißig weiter produzieren darf in der Hoffnung, dass wir gegen jedwede Eventualitäten gewappnet und das Leben des bundesdeutschen Bürgers geschützt bleibt. Ich WILL es einfach glauben, ebenso wie dass es hier nicht um die nächsten bevorstehenden Wahlen geht und Angie wild auf genau die Stimmen spekuliert, die sie jüngst erst eingebüßt hatte.
Andererseits... Was mich schon seit den ersten Berichterstattungen zur Japan-Katastrophe beschäftigt: Was wissen wir eigentlich wirklich von all dem ganzen Scheiß, der jeden Tag überall passieren kann? Wie viel wird vor uns verborgen gehalten, bis Katastrophen ein solches Ausmaß erreichen, dass man es weder verschweigen noch vertuschen kann?
Wie kommt es auch, dass Bürger Japans bzw. in Japan Lebende erst das Ausland befragen müssen, um zu erfahren, was in ihrem eigenen Land wirklich passiert und wie schlimm es tatsächlich ist?
Wie kommt es, dass erst mit solchen Katastrophen Dinge ans Licht getragen werden, von denen wir bis dahin noch gar nichts wussten?
Nachzulesen zum Beispiel hier:


Oder haben wir diese und andere Beiträge nicht gesehen, weil wir zu bequem waren, ganz explizit danach zu suchen bzw. sie erst zu einer Uhrzeit im TV gesendet werden, zu der wir entweder schlafen & träumen oder gerade das Kamasutra rauf & runter ausprobieren?
Was ich meine: Jeden Tag kann überall in der Welt ein Unglück passieren bzw. passiert sein, von dem wir gar nicht erst erfahren. Ebenso wenig, wie wir wissen, was wir tatsächlich jeden Tag einatmen. Zu Zeiten Tschernobyls war ich noch Teenie und interessierte mich weniger für die Welt als vor allem für meine eigene Welt.  Gleichwohl kann ich mich erinnern, wie diese Thematik damals heruntergespielt wurde: keine Bedrohung für uns, die Ukraine ist weit genug weg. Und die Tatsache war aber doch eine andere...
Ab wann hat der Mensch eigentlich aufgehört, sorgsam mit dem ihm Gegebenen umzugehen?
Ab wann hört die Vorsicht auf und wo beginnt die Hysterie?
Wenn ich seit einiger Zeit einen metallischen Geschmack im Mund hab, sollte ich dann meine Schilddrüse untersuchen lassen oder habe ich hier einen Tropfen Japan-Frankreich-Amerika-Deutschland auf der Zunge?
Wenn ich strahle wie ein Lampion in der Nacht - ist es das dann (dem Zwilling) eigene Himmelhochjauchzende vor Glück & Freude - oder liegts doch eher am radioaktiven Zusatz in dem Lüftchen, ganz gleich, aus welcher Ecke er weht?
Behutsamkeit, Achtsamkeit sind Dinge, die ich mir insbesondere in einer Beziehung wünsche.
Behutsamkeit, Achtsamkeit sind Dinge, die ich mir auch in der Welt wünsche.
Nicht nur ich.
Dann los, Angie, pack es an. Noch vertrauen wir Dir. Und noch... ist es vielleicht nicht zu spät. Auch wenn ich es als schlimm empfinde, dass es immer erst Tragödien und Katastrophen bedarf, um nicht nur auf etwas aufmerksam zu machen, sondern auch etwas Entscheidendes zu bewegen, zu verändern.
Aber das... ist wohl eben der Mensch.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich hoffe sehr das das alles zu einem Umdenken führt, nicht nur bei bei Eltern deren kinder vielleicht bald keine Welt mehr haben, sonder auch bei den Menschen die am Ende nur sich selbst zerstören !!